Für wen?

So lang die Krise dauert, wird es jetzt im Wochenrhythmus Krisengipfel geben. Das sagen diejenigen, die auch sagen, dass die Krise noch lange, vielleicht ein Jahrzehnt, da sein wird. Und es sind auch diejenigen, die sich derzeit immer treffen. Also vor allem Merkel und Sarkozy.

Eigentlich kann man sie schon nicht mehr sehen, wie sie sich begrüßen, dahin zeigen, dorthin zeigen, ihr gesamtes Gestenrepertoire durchspielen – Hände hoch, Hände runter; Handflächen nach innen; beide Hände zupackend, dabei lächelnd; immer grinsend; leicht bestürzt schauend, wenn der andere gerade redet; gleichzeitig ernst gucken; Wege aufzeigen; Grenzen festmachen. Politik ist Theater, daran haben wir uns inzwischen gewöhnt.

Gestern jedoch wurde es, denke ich, übertrieben. Dass Sarkozy Merkel auf den Treppen in seinen Palast so stümperhaft am Handgelenk nimmt, nur um wieder ein Bild zu schaffen. Für wen spielen sie dieses Theater eigentlich? In Deutschland interessiert sich fast niemand mehr für die Krise. Nur noch berufsbedingt lassen sich wenige von ihr mitziehen und sie sind in ihrem Tragödien-Trara inzwischen so professionell, dass man es auch immer weniger erträgt. So interessant die Krise für viele Denksportaufgaben ist, so langweilig ist inzwischen ihr Tagesgeschäft.

Auf Seite 31 der heutigen F.A.Z. wird ein Theaterstück besprochen und das Bild dazu hätte ich auf die erste Seite genommen. Ein Mann, eine Frau, sie stürzt, er fängt sie auf – natürlich nur, um auch sich zu retten – und das ganze Setting besteht aus einem schiefen Holzweg, in dem schon so manche stecken geblieben sind. Bei solch einem Bild wäre einem dann auch wieder mehr eingefallen, als nur eine einzeilige Unterschrift.

Veröffentlicht von Stefan Schulz

Diplom-Soziologe aus Jena via Bielefeld in Frankfurt am Main. Kümmert sich promovierend um die Bauernfamilien des 12. Jahrhunderts mit ihrem Problem der erstmaligen "Kommunikation unter Unbekannten" und ist heute Journalist. stefanschulz.com

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