Die typischen Versprechungen eines Managementkonzepts

Schon die frühen Managementkonzepte ähnelten in ihren Macharten den aktuellen Managementmoden

Die Versprechen von Managementkonzepten ähneln sich bis ins Detail. Dem Mitarbeiter soll dabei üblicherweise „ein Handlungsspielraum eröffnet“ werden, welcher die „Fähigkeit zum selbständigen Handeln“ fördert und gleichzeitig die „Eigenständigkeit erhöht“. Die Mitarbeiter würden erleben, dass sie „eine eigene Meinung haben können“ und „diese auch äußern dürfen, ja müssen“, um so zum „beratenden Unternehmer zu werden“. Die Organisation werde „transparent“. Jeder wisse dadurch, „wo er steht, welche Aufgaben, welche Kompetenzen er wahrzunehmen“ habe und „wofür er Verantwortung zu tragen“ habe. Fehler könnten offen angesprochen werden, weil „Mitarbeiter wie Vorgesetzte sich im Rahmen bestimmter Regeln“ bewegen, die „ein faires Vorgehen und Verhalten“ garantierten. „Die Identifikation“ mit dem Unternehmen verstärke sich, die „innere Kündigung“ ginge zurück und die „Fluktuationsrate sowie der Krankenstand würde niedriger“ werden. „Bei auftretenden Schwierigkeiten oder im Krisenfall“ würden die Mitarbeiter die Organisation „nicht im Stich lassen“.

Das Versprechen des Harzburger Modells, dem prominentesten Konzept in der frühen Bundesrepublik, lautete, dass sich Organisationen nur mit seiner Hilfe optimal an die Anforderungen einer immer volatiler werdenden Umwelt anpassen könnten. Die Einführung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien zur Speicherung, Prozessierung und Nutzung großer Datenmengen würde „eine Verstärkung des selbständigen Handelns und Entscheidens der Mitarbeiter“ nötig machen. Diese sich aus der Automatisierung ergebende Notwendigkeit einer größeren Selbständigkeit der Mitarbeiter, würde mit deren wachsenden Selbstverwirklichungsansprüchen korrelieren, die von klassischen autoritären Führungsmodellen nicht mehr erfüllt werden könnten. Ein neues Führungsverständnis sei deswegen dringend nötig.

Das Harzburger Modell sei eine an die „heutigen Verhältnissen angepasste Organisationsform“. Mit ihm sei die „Antwort auf die drängende Forderung nach einer gerechten und zeitgemäßen betrieblichen Führung gefunden worden“. Dadurch würde eine konsequente Dezentralisierung von Verantwortung mit einem neuartigen Führungskonzept kombiniert werden. Organisation und Führung würden nicht wie üblich isoliert betrachtet, sondern in einem konsistenten Konzept zusammengeführt werden. Während die zentralistische Organisation in der Regel mit einer autoritären Führung einherginge und die Mitarbeiter nur als ausführende Organe funktionierten, basiere die in Harzburg entwickelte „kooperative Führung“ – die „Führung im Mitarbeiterverhältnis“ – auf einem Verständnis, in dem „nicht nur Arbeit, sondern auch Aufgaben und Kompetenzen delegiert“ werden würden.

Auch bei Reinhard Höhn, dem Erfinder des Harzburger Modells, finden sich die für die Propagierung von Managementkonzepten üblichen Versprechen einer beachtlichen Effizienzsteigerung in der Organisation und einer grundlegenden Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit. Nur eine Organisation, die es verstehe, „die gesamte Initiative ihrer Mitarbeiter zum Einsatz zu bringen, würde“ auf lange Sicht ein „optimales Ergebniserzielen“. Dazu käme, dass das vollständige Ausschöpfen der Mitarbeiterinitiative neben den gehobenen Optimierungspotenzialen in der Organisation, „eine umfassende Wirkung auf das Betriebsklima“ habe. Wie kaum ein anderes Managementmodell zeige das Harzburger Modell, in „welchem Maße der betriebliche Erfolg von dem Einsatzwillen und der Arbeitsfreudigkeit des einzelnen abhängig“ sei. Das Modell „kooperativer Führung“ müsse deswegen als „eine glückliche Synthese von technologisch-ökonomischer Sachgesetzlichkeit und sozialer Freiheit, mit der Möglichkeit einer optimalen Persönlichkeitsentfaltung für den arbeitenden Menschen“ begriffen werden.


Auszug aus Stefan Kühl „Führung und Gefolgschaft. Management im Nationalsozialismus und in der Demokratie“ (Suhrkamp 2025, 24,- Euro).

Eine Antwort

  1. Henry Notroff

    Das Imperium des Managements beansprucht, den Menschen zu befreien, doch es enteignet ihn seiner kulturellen und symbolischen Grundlagen. Es reduziert das Subjekt auf eine Funktion in einem abstrakten System.“
    „Wir sind gezwungen, die Welt und unsere Rolle darin zu deuten, um gesellschaftlich existieren zu können. Dieser Zwang zeigt sich insbesondere in den grossen kulturellen Ordnungen wie Recht, Religion oder Sprache, die uns prägen, uns aber auch die Aufgabe auferlegen, ihre Bedeutungen immer wieder neu zu ergründen.“
    Pierre Legendre

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert