Positivierung und Formalisierung

Das Verhältnis der Erwartungsbildung in Staaten durch positives Recht und der Ausbildung von Erwartungen in Organisationen durch Formalisierung ist bisher theoretisch unzureichend beleuchtet worden. Aus einer systemtheoretischen Perspektive werden in diesem Artikel die Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser „Rechtsbildung“ auf der Ebene des Staates und der Organisation näher untersucht. Anschließend an die Diskussion über die Frage der Verantwortung für Gesetzesverstöße aus Organisationen heraus, werden die unterschiedlichen Adressierungsversuche soziologisch eingeordnet. Dabei wird gerade im Gegensatz zur in der Literatur dominanten Annahme über Regeltreue in Organisationen argumentiert, dass es aufgrund der Verrechtlichung der modernen Gesellschaft nicht möglich ist, eine klare Trennung zwischen Verstößen gegen positivierte staatliche Gesetze und formalisierte organisationale Regeln vorzunehmen.

1. Einleitung – zum Verhältnis von Gesetzen des Staates und Gesetzen der Organisationen

In Organisationen wird in der Regel unterschieden, ob gegen Gesetze des Staates oder „nur“ gegen Gesetze der Organisation verstoßen wird. Bei Verstößen gegen Gesetzes des Staates kann es sich um Verletzungen des Zivil- Verwaltungs- oder Strafrechts, aber auch um die Missachtung von behördlichen Verordnungen handeln (Clinard und Yeager 1980, S. 16). Bei Verstößen gegen die Gesetze der Organisation handelt es sich um die kleinen und großen Abweichungen von den formalen Programmen der Organisation, deren offiziellen Kommunikationswegen sowie den festgelegten Regeln zur Einstellung, Versetzung und Entlassung des Personals.

Auf den ersten Blick ist diese Trennung überzeugend, schließlich macht es einen erheblichen Unterschied, ob Mitglieder gegen ein Arbeitszeitgesetz verstoßen oder gegen eine interne Regel der Organisation zur Registrierung von Arbeitszeiten. Offensichtlich stellt es eine Differenz dar, ob das Mitglied einer Partei die gesetzlich verbindlichen Berichtspflichten über aus dem Ausland kommende Großspenden ignoriert oder bei der Erstellung eines Strategiepapiers lediglich gegen parteiinterne Richtlinien zur Abstimmung unter den Landesverbänden verstößt.

Aber lassen sich Verstöße gegen Gesetze des Staates und Gesetze der Organisation wirklich so sauber trennen? Worin bestehen überhaupt die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen diesen beiden Arten von „Gesetzen“? Und wie hängen diese miteinander zusammen?

Ziel dieses Artikels ist, das Verhältnis zwischen der primären Rechtsetzung durch den Staat und der Bildung einer Art Sekundärrecht durch Organisationen theoretisch näher auszuleuchten. Dabei werden zentrale Themen ins Auge gefasst, an denen sich das Verhältnis zwischen staatlicher Rechtssetzung über Gesetze und Verordnungen sowie organisationaler Erwartungsbildung über Formalstrukturen bestimmen lässt: der Einfluss von Gesetzen auf die Ausbildung von Organisationen, die Unterscheidung von organisationaler und organisierter Kriminalität, die Ausbildung von Organisationen als juristischen Personen, die Zurechnung von Verantwortlichkeiten für Gesetzesverstöße, die Sensibilität und Toleranz für Gesetzesverstöße in Organisationen sowie die Schwierigkeit der Trennung zwischen staatlichen Rechtsnormen und formalen Organisationsnormen.

Gerade in der Forschungsliteratur über Gesetzesverstöße aus Organisationen heraus ist bisher die Unterscheidung zwischen der Erwartungsbildung von Rechtssystemen und Organisationen nicht systematisch in Beziehung gesetzt worden. Grund dafür ist die weitgehende Ignorierung organisationssoziologischer Forschungsergebnisse bei der Behandlung von Gesetzesverstößen durch Organisationen. Zwar ist die Nutzung organisationssoziologischer Erkenntnisse bei der Analyse organisationaler Kriminalität immer wieder eingeklagt und vereinzelt auch versucht worden (siehe nur beispielhaft Finney und Lesieur 1982; Braithwaite und Geis 1982; Cressey 1988; Braithwaite 1989). Die Ergebnisse dieser Theoretisierungsversuche werden jedoch vielfach als unzureichend eingeschätzt. Letztlich würden, so der Vorwurf, an der Straßenkriminalität bewährte Theorieansätze mittlerer Reichweite wie die Anomietheorie in der Tradition Robert Mertons (1957), die Rational Choice Theorie in der Tradition von Gary S. Becker (1968) , die Austauschtheorie (siehe frühe Anwendungen bei Rose-Ackerman 1978), die Lerntheorie in der Folge der Überlegungen von Edwin Sutherland (1947) zur differentiellen Assoziation, die Überlegungen der Kontingenztheorie kriminellen Verhaltens (für frühe Anwendungen siehe Staw und Szwajkowski 1975; Denzin 1977 oder Simpson 1987), der Opportunitätsansatz in der Tradition von Richard Cloward und Lloyd Ohlin (1961) oder der Kontrollansatz besonders in der Tradition von Travis Hirschi (1969) schlicht übernommen und mehr oder minder direkt auf kriminelles Verhalten in und von Organisationen übertragen werden (siehe die Kritik zuletzt von Klinkhammer 2013, S. 193; Bergmann 2016, S. 3f.).

Sicherlich einzelne Ansätzeversuchen Verbindungen zu einer Theorie der Organisation herzustellen. Man denke nur an die Überlegungen Gesetzesverstöße aus der rationalen Abwägung von Kosten und Nutzen der betroffenen Organisationsmitglieder heraus zu erklären (siehe für die Rational Choice Perspektive besonders relevant nur beispielhaft den Versuch von Paternoster und Simpson 1993). Aber letztlich stellt in diesen Ansätzen die Organisation lediglich eine Rahmenbedingung für Regelabweichler dar. Die an Lerntheorien anschließenden Analysen der Organisationskultur stellen im Gegensatz zur Rational Choice Theorie das Einschleifen illegaler Praktiken in arbeitsteiligen Organisationen heraus, die es Organisationsmitgliedern schwer machen, überhaupt noch die Illegalität dieser Praktiken zu erkennen. Die Ausbildung organisationskultureller Selbstverständlichkeiten führe dazu, dass Organisationsmitglieder vielleicht noch ahnen, dass sie gegen Regeln verstoßen, sich aber häufig der Dimension nicht bewusst sind (siehe prominent die Versuche von Diane Vaughan 1981, 1982, 1999, 2002). Aber bei diesen, sich noch am stärksten auf Organisationstheorien beziehenden Ansätzen kann man beobachten, dass die Organisationskultur nicht systematisch mit der Formalstruktur der Organisation in Beziehung gesetzt wird (siehe für eine Kritik Kühl 2018).

Dieser Artikel versucht, diese Defizite zu überwinden, indem er mit der Systemtheorie auf eine Theorie zurückgreift, die sowohl über eine ausgearbeitete Theorie des Rechts als Funktionssystem der Gesellschaft als auch über eine ausdifferenzierte Theorie der Organisation als formalem System verfügt. Dabei werden jeweils die grundlegenden Überlegungen Niklas Luhmanns kurz referiert und aufgezeigt, welche Einsichten aus diesen Überlegungen für die aktuelle Diskussion über Gesetzesverstöße von Organisationen gewonnen werden können. Damit sollen in explorativer Form vier Forschungsdefizite in der aktuellen Diskussion adressiert werden.

Aus einer systemtheoretischen Perspektive fällt auf, dass die Bildung normativer Erwartungen über Positivierung in Rechtssystemen und über Formalisierung in Organisationssystemen ein hohes Maß an Ähnlichkeit haben. Der zentrale Unterschied besteht jedoch darin, dass Erwartungen im Rechtssystem über die Drohung mit Bestrafungen und in Organisationen über den Verweis auf einen möglichen Ausschluss durchgesetzt werden. Interessant sind dabei besonders die Berührungspunkte positivierter Erwartungen des Rechtsstaates mit formalen Erwartungen der Organisation. Der zentrale Unterschied zwischen organisationaler und organisierter Kriminalität ist, dass in an Rechtsstaatprinzipien orientierten Organisationen der Verstoß gegen Gesetze informal erwartet wird, während in kriminellen Organisationen der Verstoß gegen Gesetze von den Mitgliedern formal vorausgesetzt wird. Deswegen besteht der zentrale Unterschied zwischen organisationaler und organisierter Kriminalität ebenso in der Reaktion auf das Bekanntwerden eines Gesetzesverstoßes. Während am Rechtsstaatsprinzip orientierte Organisationen auf einen nachgewiesenen Gesetzesverstoß mit einem Schuldeingeständnis und Strafakzeptanz reagieren, beharren kriminelle Organisationen auf dem Gesetzesverstoß als formaler Erwartung an ihre Mitglieder (Kapitel 2).

Es wird seit der Ausbildung des Rechtssystems diskutiert, ob für Gesetzesverstöße aus Organisationen heraus die Organisation oder deren Mitglieder verantwortlich gemacht werden sollen. Aus einer systemtheoretischen Perspektive kann diese Debatte organisationssoziologisch geschärft werden. In der modernen Gesellschaft haben sich verschiedene Systeme als Adressen für Gesetzesverstöße ausgebildet – neben „natürlichen Personen“ als Rechtssubjekten besonders auch Organisationen als „juristischen Personen“ und Staaten als Adressaten für Verstöße gegen internationales Recht. Organisationssoziologisch interessant ist, wie sich im Fall von Gesetzesverstößen die lange Zeit existierende Koalition von Organisationen und Organisationsmitgliedern zur Abwehr von Schuldvorwürfen aufgrund eines Strategiewechsels aufzulösen scheint (Kapitel 3).

Des Weiteren ist systemtheoretisch auffällig, dass Verstöße gegen organisationsinterne formale Regeln in ihrer Bedeutung anders gewertet werden als Verstöße gegen staatliche Gesetze. Während sich gerade in der rechtswissenschaftlichen Diskussion über die Durchsetzung von Regeltreue die Konzentration auf Compliance-Maßnahmen für die Einhaltung von staatlichen Gesetzen ausgebildet hat, wurde von Niklas Luhmann früh betont, dass in Organisationen eine besondere Toleranz für den Bruch von außen vorgegebener Gesetze und Verordnungen vorhanden ist. Anders als selbst geschaffene formale Regeln der Organisation würden diese häufig als Restriktionen wahrgenommen werden. Das Problem ist jedoch, dass Verstöße gegen staatliche Gesetze oder Verordnungen nicht organisationsintern gelöst werden können. Hieraus ergibt sich ein spezifisches Spannungsfeld zwischen der Toleranz von Gesetzesverstößen in Organisationen und der Brisanz für die Organisation beim Bekanntwerden dieser Gesetzesverstöße (Kapitel 4).

Auf der Basis der Konstatierung einer grundlegenden Differenz zwischen positivierten Rechtsnormen und formalisierten Organisationsnormen fällt bei einem Blick auf die Normenbildung in Organisationen auf, wie schwierig es ist, hier klare Grenzen zu ziehen. Die durch die Verrechtlichung geschaffene Möglichkeit, fast alles vor Gericht auf seine Rechtmäßigkeit prüfen zu können, bedeutet, dass alle Entscheidungen in Organisationen letztlich Anlass für eine rechtliche Überprüfung sein können. Die Trennung zwischen Erwartungen aufgrund von positivierten staatlichen Gesetzen und formalisierten organisationalen Regeln ist deutlich komplexer als man auf den ersten Blick annehmen mag.

2. Wie man Erwartungen fixieren kann – zu Ähnlichkeiten und Unterschieden von Positivierung und Formalisierung

Staaten und Organisationen haben eine zentrale Gemeinsamkeit: Sie nutzen einen sehr ähnlichen Mechanismus, um Erwartungen an Personen zu formulieren. Sie spezifizieren – meistens in schriftlicher Form – was erlaubt ist und was nicht. Statt das sich verbindliche Erwartungen in einem evolutionären Prozess ausmendeln, werden diese durch eine für alle verbindliche Entscheidung gesetzt. Bei der staatlichen Gesetzgebung spricht man von der Positivierung rechtlicher Erwartungen. Bei Organisationen bezeichnet man den gleichen Prozess als Formalisierung organisationaler Erwartungen.

Hinter dem Prinzip der Positivierung staatlicher Gesetze und der Formalisierung organisationaler Erwartungen verbirgt sich eine höchst ungewöhnliche Entwicklung, deren Bedeutung man für die Entstehung der modernen Gesellschaft gar nicht hoch genug einschätzen kann. Durch die Festlegung von Erwartungen in Form staatlicher Gesetze oder formaler Ordnungen ist es möglich, über Entscheidungen sehr klar spezifizierte Anordnungen zu fixieren, an die sich alle zu halten haben und deren Verletzung abgestraft werden kann. (siehe dazu Luhmann 2005b, S. 225).

Weitergehend können die in staatlichen Gesetzen und formalen Regeln fixierten Erwartungen mit einem Federstrich geändert werden, bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Anspruchs, dass sich alle genauso selbstverständlich an die geänderten Erwartungen halten, wie sie sich an die vorigen Erwartungen gehalten haben. Während Normen sich in den meisten Stammesgesellschaften aber auch in vielen frühen Hochkulturen nur langsam veränderten, können diese jetzt durch eine Gesetzesänderung, eine neue Verordnung oder eine geänderte Anweisung von einen Tag auf den anderen verändert werden. Man kann dies am permanenten Strom von geänderten Weisungen, modifizierten Regeln und umgestalteten Berichtswegen beobachten, die man als Organisationsmitglied offiziell zur Kenntnis zu nehmen hat.

Die Ähnlichkeit zwischen den Mechanismen der Positivierung durch staatliches Recht und Formalisierung durch organisationale Regeln ist in der Organisationsforschung früh entdeckt worden (siehe nur beispielhaft Luhmann 1964, S. 393). Die Rede ist von formalen Erwartungen als einer Art „Sekundärrecht“, dass sich in Ergänzung zum „Primärrecht“ der staatlichen Gesetzgebung ausbildet. Das Recht wird in dem Fall nicht auf der Ebene des Staates gebildet, sondern auf der Ebene von Organisationen, aber in beiden Fällen wird die Akzeptanz normativer Erwartungen vorausgesetzt (Luhmann 1972, S. 256). Diese Ähnlichkeit zwischen Positivierung und Formalisierung erklärt, weswegen sowohl die Zuwiderhandlungen gegen formale Erwartungen der Organisation als auch Verstöße von Organisationsmitgliedern gegen Gesetze mit dem Begriff der „brauchbaren Illegalität“ bezeichnet werden (vgl. Luhmann 1964, 304ff.).

Worin bestehen jetzt die Unterschiede zwischen den Formen der Ausbildung verbindlicher Regeln im Rechtssystem einerseits und in Organisationen andererseits?

Zu den Unterschieden der Positivierung von Rechtserwartungen und Formalisierung von Organisationserwartungen

An einem zentralen Punkt unterscheiden sich Staaten und Organisationen grundlegend: Bei den Mechanismen, mit denen Abweichungen von Erwartungen sanktioniert werden. Staaten haben ein spezifisches Repertoire, um Abweichungen von Erwartungen zu sanktionieren – Geldstrafen, Freiheitsentzug oder Todesstrafe. Die durch staatliche Gesetze vorgegebenen Verhaltensnormen werden dabei von den Bürgern so früh verinnerlicht, dass es gar nicht nötig ist, die Gesetzbücher zu kennen, aus denen sich diese Verhaltensnormen ergeben. Aber im Zweifelsfall können Abweichungen von staatlich kodifizierten Verhaltenserwartungen mit Verweis auf die Gesetzbücher durchgesetzt werden.

Organisationen haben dieses Repertoire an Strafen nicht zur Verfügung. Es würde jedenfalls bei Organisationsmitgliedern Irritationen auslösen, wenn bei der Verweigerung einer Anweisung der Sicherheitsdienst einer Organisation gerufen, das Mitglied dann vor ein organisationsinternes Gericht gestellt würde, um schließlich in einem neben dem Materiallager befindlichen, organisationseigenem Gefängnis eingesperrt zu werden. Es würde aber auch zu erheblicher Empörung führen, wenn eine Organisation bei einem Verstoß gegen eine Regel nicht nur einen Teil des Lohns einbehalten würde, sondern wegen des dadurch entstandenen Schadens ohne Einschaltung eines Gerichts auch noch Konto und Haus des Organisationsmitglieds pfänden würde.

Allerdings gibt es auch Ausnahmen. Armeen mit Wehrpflicht, Unternehmen mit Zwangsarbeitern oder Bautrupps mit wie Sklaven gehaltenen Mitarbeitern stellen ihren Mitgliedern den Austritt nicht frei und müssen deswegen Verhaltenserwartungen notfalls mit Mechanismen durchsetzen, die wir sonst nur von Staaten kennen, um ihre Bürger zu gesetzeskonformem Verhalten anzuhalten. Im Allgemeinen wird in Organisationen nicht „mit Pistolen regiert“, sondern mit „angedrohten Entlassungen“ (vgl. Luhmann 2002a, S. 56). In Zwangsorganisationen fällt aber auf, dass Pistolen bereitgehalten werden, um notfalls mit ihnen Erwartungen durchzusetzen (Kühl 2012, S. 345ff.). Der Ausnahmecharakter dieser Zwangsorganisationen fällt außerdem schon dadurch auf, dass dieser Typus von Organisation in der modernen Gesellschaft zunehmend delegitimiert ist.

Der Grund ist einfach: Organisationen verfügen über ein im Vergleich zur Gewalt deutlich effektiveres Instrument, um ihre Erwartungen gegenüber Mitgliedern durchzusetzen. Sie stellen ihren Mitgliedern frei, aus der Organisation auszutreten, wenn sie Erwartungen nicht mehr erfüllen wollen und halten sich selbst die Möglichkeit offen, ihre Mitglieder zu entlassen, wenn sie diese Erwartungen nicht beachten. Dadurch ist es möglich, die Mitgliedschaft an die Einhaltung der von der Organisation vorgegebenen Verhaltenserwartungen zu binden (vgl. Luhmann 1972, S. 257). „Nur wer die Regeln anerkennt, kann eintreten. Wer sie nicht mehr befolgen will, muss austreten“ (vgl. Luhmann 2005a, S. 50). Solange eine Person Mitglied einer Organisation bleiben will, muss sie sich im „Rahmen der Regelordnung“ verhalten, die sie „mit ihrem Beitritt akzeptiert hat“ (vgl. Mayntz 1963, S. 106).

Das hat den Effekt, dass Organisationen in der Regel auf ein hohes Maß an konformem Verhalten ihrer Mitglieder bauen können. Organisationen erklären all das, was sie als Handlungen, Einstellungen oder Darstellungen von ihren Mitgliedern brauchen, zur Mitgliedschaftsbedingung und erreichen so, dass sie ein solches, organisationskonformes Verhalten von ihren Mitgliedern einklagen können. Weitergehend können Erwartungen auch nach dem Eintritt durch die Organisation verändert werden und die Mitglieder dazu veranlassen, diese Veränderungen mitzutragen – jedenfalls solange sie Mitglied der Organisation bleiben wollen. Genau dieser Prozess wird mit dem Begriff der Formalisierung von Erwartungen bezeichnet.

Die damit verbundenen „Steigerungsmöglichkeiten“ von Erwartungshaltungen gegenüber Personen kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Die schon auf der Ebene von Staaten durch die Positivierung von Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien formulierten Erwartungsmöglichkeiten werden, so Niklas Luhmann (1972, S. 257), durch Organisationen nochmals „potenziert“. Organisationen können dabei Verhaltenserwartungen formulieren, die Staaten in vielen Fällen von ihren Mitgliedern nicht verlangen können. So ist es für Staaten nur in Ausnahmefällen möglich, von ihren Bürgern zu verlangen, sich jeden Tag früh morgens an einem festgelegten Ort einzufinden, alle vierzig Sekunden den gleichen Handgriff durchzuführen und über Stunden die Beschimpfungen durch unangenehme Zeitgenossen zu ertragen. Organisationen können diese eher ungewöhnlichen Verhaltenserwartungen weitgehend problemlos als Mitgliedschaftsbedingungen formulieren. Durch das Ausflaggen von Bedingungen für den Verbleib in Organisationen, können diese – im Gegensatz zu Staaten – „in höchsten Maße unnatürliche Erwartungen“ erhoben und durchgesetzt werden (Luhmann 1972, S. 257).

Zur Bedeutung von Gesetzen und Verordnungen für Organisationen

Bei allen Möglichkeiten von Organisationen ihre eigenen detaillierten Regeln zu erlassen – man darf die zentrale Bedeutung von staatlichen Gesetzen und Verordnungen für diese nicht unterschätzen. Organisationen werden durch die Eintragung in gesetzlich regulierte Vereins- und Handelsregister oder wie im Fall von Verwaltungen, Polizeien oder Armeen durch staatliche Gesetze und Verordnungen gegründet. Ihre Möglichkeiten zur Refinanzierung sind rechtlich geregelt, egal ob die Einnahmen der Organisation auf den Verkauf von Produkten, dem Einziehen von Steuern oder dem Erheben von Mitgliedsbeiträgen besteht. Tätigkeiten in Unternehmen oder Vereinen sind durch Arbeits-, Gesundheits- und Umweltgesetze genau reguliert und die Arbeit von staatlichen Organisationen wie Ministerien, Verwaltungen, Polizeien oder Armeen ist bis ins Detail durch Gesetze und Verordnungen festgelegt. Ebenso ist ihre Auflösung durch Insolvenz, Anordnung staatlicher Behörden oder den Beschluss ihrer Mitglieder gesetzlich geregelt. Kurz – ob sie wollen oder nicht – moderne Organisationen sind in einem Netz von Gesetzen verfangen.

Staatliche Gesetze und Verordnungen spielen für das Verhalten in Organisationen eine zentrale Rolle. In den meisten Organisationen wird – jedenfalls offiziell – erwartet, dass sich alle Entscheidungen in der Organisation im Rahmen der staatlichen Gesetze und Verordnungen bewegen. Es ist jedenfalls die Ausnahme, dass Organisationen offiziell fixieren, in welchen Feldern sich Organisationsmitglieder an Gesetze zu halten haben und wo sie diese ignorieren können. Im Gegenteil – häufig findet man in Organisationen detaillierte Übersetzungen staatlicher Vorgaben in organisationale Regeln, weil man davon ausgeht, dass Organisationsmitglieder gerade sich schnell ändernde staatliche Gesetze und Verordnungen nicht in allen Auswirkungen auf organisationale Entscheidungen überblicken können.

Gerade weil das Netz von Gesetzen so eng gestrickt ist, lässt es sich für Organisationen nicht vermeiden, dass sie sporadisch gegen Gesetze und Verordnungen verstoßen. Diese gelegentlichen Verstöße gegen Gesetze und Verordnungen sind an sich nicht problematisch. Wir wissen aus der kriminologischen Forschung, dass gerade kleinere Ordnungswidrigkeiten und Straftaten auch bei Personen, die sich selbst als Gesetzestreu bezeichnen würden, vorkommen. Wenn man daran Zweifel hat, muss man sich lediglich eine Woche intensiver beim Auto- oder Radfahren beobachten lassen. Der Übergang zwischen den vielen Ordnungswidrigkeiten, die man in dieser Woche begeht, und einer Straftat hängt häufig nur davon ab, ob eines der alltäglichen Vergehen einen tödlichen Unfall nach sich zieht oder nicht. In Organisationen ist dies letztlich nichts anders. Selbst bei Organisationsmitgliedern, die eher zum konformistischen Charaktertypus zählen, kann man vielfältige kleinere Regelverstöße beobachten. Die bei nicht wenigen Berufen verbreitete Aussage, dass man bei seiner Arbeit immer mit „einem Bein im Gefängnis“ steht, besagt lediglich, dass man sich der alltäglichen Regelüberschreitungen bewusst ist.

Zur Unterscheidung von organisationaler und organisierter Kriminalität

In den meisten Fällen sind Organisationen sorgsam darauf bedacht, dass die formalen Anforderungen an ihre Mitglieder als mit den staatlichen Gesetzen und Verordnungen konform betrachtet werden. Es würde zu Legitimationsverlusten führen, wenn Organisationen nicht darauf achten würden, dass ihre formalen Anforderungen wenigstens grob mit den rechtlichen Anforderungen übereinstimmen. Es gibt jedoch eine interessante Ausnahme. Bei kriminellen Organisationen wie terroristischen Vereinigungen, mafiösen Zusammenschlüssen oder Jugendgangs wird erwartet, dass staatliche Gesetze verletzt werden. Hier wird der grundlegende Unterschied zwischen organisierter und organisationaler Kriminalität deutlich.

Bei organisierter Kriminalität wird der Anspruch des Staates, den gesetzlichen Rahmen zu setzen und Abweichungen zu sanktionieren, prinzipiell nicht akzeptiert (siehe dazu Levi 1998). Verbrechersyndikate, mafiöse Vereinigungen oder terroristische Organisationen würden ihre „Geschäftsgrundlage“ verlieren, wenn sie sich staatlichen Gesetzen unterwerfen würden. Bei ihnen wird der Verstoß gegen Steuer-, Straf- oder auch Verwaltungsgesetze quasi Teil der formalen Erwartungen an ihre Mitglieder (siehe dazu Dorn und Hoebel 2013, S. 90). Die Forderung eines Mitglieds einer Räuberbande, einer Mafiagruppierung oder eine Terrororganisation nur im Rahmen der Gesetze zu handeln, führt aller Wahrscheinlichkeit nach zum Ausschluss aus der Organisation. Wenn kriminelle Organisationen mit Gesetzesverstößen konfrontiert werden, geben sie sich deswegen in der Regel nicht als reuige Sünder aus, sondern versuchen trotz des Verfolgungsdrucks als Organisation weiterzubestehen.

Bei organisationaler Kriminalität wird zwar der Anspruch des Staates, dass sich Organisationen im vorgegebenen Rahmen zu bewegen haben, formal akzeptiert, aber gleichzeitig informal von Organisationsmitgliedern erwartet, sich punktuell nicht nur in der Grauzone zwischen Legalität und Illegalität zu bewegen, sondern gelegentlich kontrolliert gegen Gesetze zu verstoßen (siehe dazu Braithwaite 1984, S. 6; Baker und Faulkner 1993, S. 842). Es handelt sich um eine Organisation, die sich insgesamt an staatliche Gesetze und Verordnungen hält, aber gelegentlich eine informal gestützte „kriminelle Verbandsattitüde“ an den Tag legt (siehe zu dem Begriff Schünemann 1979).

Im Gegensatz zu kriminellen Organisationen reagieren diese Organisationen bei Aufdeckung von Gesetzesverstoßen nicht damit, dass sie ihre Arbeit vollständig in den Untergrund verlegen, sondern dass sie sich nach einer Verurteilung reuig zeigen und Besserung geloben.
Sicherlich – vereinzelnd finden sich fließende Übergänge zwischen organisierter Kriminalität und organisationaler Kriminalität. Man denke nur an Armeeeinheiten in Mexiko, die aufgrund ihrer Arbeit gegen Drogenkartelle immer schon eher lockere Beziehungen zu den in den Ländern herrschenden Gesetzesnormen hatten und komplett in den Untergrund abwanderten, um sich selbst als konkurrierendes Drogenkartell zu etablieren. Oder man denke an mafiöse Vereinigungen, die ihr in der Schutzgelderpressung, im Drogenhandel oder in der Prostitution erworbenes Kapital in legalisierte Geschäftsfelder wie Immobilienspekulation, Waffenhandel oder Abfallwirtschaft verlagern und so zu gesellschaftlich akzeptieren Organisationen mutieren.

Aber in der Regel sind solche Übergänge eher selten. Das hängt einmal damit zusammen, dass der Wechsel von einer Organisation, die gelegentlich gegen staatliche Gesetze und Verordnungen verstößt, zu einer kriminellen Organisation anspruchsvoll ist. So wäre es für einen Automobilkonzern bei Anklagen wegen Verstößen gegen Umweltgesetze schwierig, sich der strafrechtlichen Verfolgung durch eine Verlagerung der Produktionsanlagen in den Untergrund zu entziehen. Vermutlich würde es bei einer solchen Mutation zur kriminellen Organisation auch zu erheblichen Personalfluktuationen kommen, weil viele Mitarbeiter mit anderen Vorstellungen als Montagearbeiter, Vertriebsspezialisten oder Marketingexperten bei dem Konzern angefangen hatten. Aber auch der umgekehrte Fall ist eher selten, weil Strafverfolgungsbehörden in der Regel die Mutation von kriminellen Organisationen zu legalisierten Organisationen nicht ohne weiteres akzeptieren. Ähnlich wie man einer Räuberin die Mutation zu einer ehrbaren Bürgerin erst nach Verbüßen einer Strafe zugesteht, würde man – wenn überhaupt – auch bei kriminellen Organisationen eine Sühnebereitschaft und ein Bekenntnis zur Gesetzeskonformität als Bedingung für eine Legalisierung sehen.

In den konkreten Tätigkeiten unterscheiden sich, so eine gut etablierte soziologische Einsicht, Organisationen, die viel Wert auf ihre Gesetzeskonformität legen, kaum von kriminellen Organisationen, die Gesetze systematisch ignorieren (siehe dazu schon Tilly 1985). Die von einer terroristischen Organisation vorgenommene Exekution eines Verräters hat von der reinen Handlung her eine hohe Ähnlichkeit mit der Hinrichtung eines von einem chinesischen, US-amerikanischen oder saudi-arabischen Gericht verurteilten Straftäters (siehe zur Ähnlichkeit von Gewaltorganisationen Kühl 2014, S. 259f.). Die Praxis von Pharmakonzernen ihre Patienten durch eine aggressive Verschreibungspraxis für opiathaltige Schmerzmittel „anzufixen“, unterscheidet sich nicht von der Strategie von Drogenringen, Neukunden über Lockangebote langfristig zu binden (siehe zu fließenden Übergängen McGreal 2018; Meier 2018). Die Abwicklung internationaler Geschäfte durch die Mafia ähnelt überraschend genau den Praktiken von Großunternehmen (siehe dazu Arlacchi 1986; Gambetta 1993). Der einzige, aber zentrale Unterschied ist, ob man den Anspruch des Staates allgemein verbindliche Gesetze zu erlassen, anerkennt oder nicht.

Wie geht man mit Gesetzesverstößen von Organisationen um, die eigentlich den Anspruch an sich selbst haben, gesetzlichen Anforderungen mehr oder minder gerecht zu werden? Soll man lediglich das Organisationsmitglied bestrafen, das das Gesetz gebrochen hat? Oder sollte man die Vorgesetzten bestrafen, die von diesen illegalen Praktiken gewusst haben oder zumindest gewusst haben könnten und diese nicht unterbunden haben? Oder sollten sich die Organisationsspitzen vor Gericht verantworten müssen, weil sie durch das formale Regelwerk eine informale Kultur ermöglicht haben, in der diese Gesetzesverstöße nicht unterbunden werden? Oder sollte man versuchen, die gesamte Organisation zu bestrafen?

3. Die Zurechnung der Verantwortung für Gesetzesverstöße

Wenn es zu einem Gesetzesverstoß kommt, stehen ganz unterschiedliche Adressaten für die Zuweisung von Verantwortlichkeit zur Verfügung. Man kann die Organisationsmitglieder haftbar machen, die für den Gesetzesverstoß operativ verantwortlich waren, die Mitglieder der unmittelbaren Führungsebene, die die Gesetzeseinhaltung nicht sichergestellt haben, oder die Organisationsspitze. Man kann bei einem Gesetzesverstoß aber auch die Organisation als Ganzes adressieren und noch weitergehend gleich das Verhalten von allen Organisationen in einem organisationalen (Was wird hier markiert?) markieren oder auch auf Lobbyorganisationen als Schuldige verweisen, die gerade durch ihre erfolgreiche Arbeit ihre Mitgliedsorganisationen blind für mögliche strafrechtliche Verfolgungen gemacht haben. Ebenso kann man auch auf den Staat verweisen, der durch die Formulierung von Gesetzen Organisationen oder Organisationsmitglieder überhaupt erst dazu gebracht hat, gegen diese zu verstoßen.

In der modernen Gesellschaft ist es zu einer „Zurechnungsexpansion“, wenn nicht sogar „Zurechnungsexplosion“ gekommen (Lübbe 1998, S. 36). Sicherlich – die Zurechnung von Verantwortung muss eine gewisse Plausibilität haben, um soziale Unterstützung zu erhalten. Man würde auf wenig Verständnis stoßen, wenn man die Verantwortung beispielsweise bei einer Horde ja nur bedingt rechtsfähiger Elefanten, einer ungünstigen Stellung der Sterne oder der Fehleinschätzung eines in der Regel strafrechtlich nur schwer belangbaren Gottes suchen würde. Verantwortung lässt sich nur denjenigen zuweisen, denen in der modernen Gesellschaft der Status von handlungsfähigen Akteuren zugerechnet wird – und das sind besonders Einzelpersonen, Organisationen und Staaten (siehe zur Konstruktion von Akteuren aus neoinstitutionalistischer Perspektive besonders Meyer und Jepperson 2000; siehe dazu auch Hwang und Colyvas 2011).

Die Schwierigkeit der Bestrafung von Organisationen

Es ist naheliegend, bei Fällen brauchbarer Illegalität erst einmal die Organisation als Ganzes zu adressieren. Weltweit geht der Trend der Rechtsprechung dahin, nicht nur einzelne Organisationsmitglieder strafrechtlich zu belangen, sondern die gesamte Organisation einem strafrechtlichen Zugriff auszusetzen (siehe dazu Geis 2007, S. 827). Selbst in den wenigen Staaten, in denen Vergehen von Organisationen lediglich als Ordnungswidrigkeit – also wie falsches Parken, lautes Musikhören oder Betteln in der Fußgängerzone – behandelt werden, wird intensiv darüber nachgedacht, ein Organisationsstrafrecht einzuführen.

Dabei ist die Politik, dass Organisationen für Straftaten ihrer Mitglieder belangt werden können, wenn nachgewiesen werden kann, dass nicht die nötigen Maßnahmen ergriffen wurden, um diese Straftaten zu verhindern oder zumindest zu erschweren. Um sich strafbar zu machen, müsse, so die Auffassung, eine Organisation gar nicht wie terroristische oder kriminelle Vereinigungen das Begehen krimineller Handlungen formal von ihren Mitgliedern verlangen. Für eine Bestrafung der Organisation reiche es aus, wenn nachgewiesen werden könne, dass die Organisation keine Maßnahmen ergriffen hat, um Gesetzesbrüche ihrer Organisationsmitglieder zu verhindern.

Diese Auffassung hat ein hohes Maß an Plausibilität. Wenn in einem Unternehmen zur Gewinnung von Aufträgen über Jahre systematisch geschmiert, in Armeen die Folterung von Kriegsgefangenen geduldet oder in religiösen Organisationen der sexuelle Missbrauch als kostengünstiges Motivationsmittel ihres männlichen Personals genutzt wird, stellt sich zwangsläufig die Frage, weswegen lediglich die zu identifizierten Personen für das Handeln in der Organisation verantwortlich gemacht werden sollen und ob es nicht besser wäre, die Organisation für das Handeln ihrer Organisationsmitglieder verantwortlich zu machen (siehe dazu Brown 2000, S. 1317–1319).

Praktisch ist eine solche Bestrafung von Organisation möglich, weil Organisationen – anders als zum Beispiel Freundeskreise, Protestbewegungen oder Großfamilien – eindeutig adressierbar sind (siehe dazu Lieckweg 2001, S. 273). Man weiß als Ordnungsamt, Steuerverwaltung oder Polizei, an wen man sich wenden muss, wenn man eine Kirche, ein Unternehmen oder einen Verein als Organisation adressieren will. Und auch Kirchen, Unternehmen oder Vereine wissen, an wen sie sich als Organisation wenden müssen, wenn sie die Genehmigung für eine Veranstaltung, eine Steuererstattung oder Hilfe bei der Entfernung eines schwierigen Mitarbeiters brauchen.

Dahinter steckt ein Prozess, in dem sich Organisationen über mehrere Jahrhunderte und gegen teilweise heftige Proteste als adressierbare Instanz ausgebildet haben. Der Grund, aus dem Organisationen im Gegensatz zu Freundeskreisen, Protestbewegungen oder Großfamilien überhaupt durch das positivierte Rechtssystem adressierbar sind, liegt in deren Möglichkeit, über die Formalstruktur Bedingungen für die Mitgliedschaft in ihnen zu setzen und das Verhalten der Mitglieder darüber zu steuern. Erst dadurch wird ein auch für die Umwelt ausreichend stabiler Mechanismus zur Durchsetzung von Erwartungen geschaffen, damit diese Organisationen als Ganzes, als durch das Rechtssystem abgesicherte Vertragspartner akzeptiert werden.

Relativ schnell ist festgestellt worden, dass sich die Organisation in ihrer Rechtsfähigkeit gar nicht so sehr von einzelnen Personen unterscheidet. Die Rede ist von Organisationen als „juristischen Personen“, die aus der Perspektive des Rechtssystems in einer ganzen Reihe von Aspekten ähnlich adressiert werden können, wie „natürliche Personen“. In der akteurszentrierten Soziologie ist von „kooperativen Akteuren“ die Rede, die eine Reihe von ähnlichen Merkmalen wie „individuelle Akteure“ aufweisen.

Die Vorzüge dieser „legalen Fiktion“ von Organisationen als Personen für die Herstellung langfristiger Kooperationsbeziehungen sind nicht zu übersehen. Wenn sich eine „natürliche Person“ für die Tätigkeit in einer Schule, einem Krankenhaus oder einer Verwaltung als Organisationsmitglied anwerben lässt, dann kann sie sich gegenüber dieser „juristischen Person“ auf den Arbeitsvertrag beziehen, auch wenn die Vorgesetzen, die einen eingestellt haben, schon lange pensioniert sind. Auch zwischen zwei „juristischen Personen“ funktioniert dieses Modell. Wenn ein Dienstleistungsunternehmen einen Vertrag mit einem Unternehmen, einer Universität oder einer Armee abschließt, kann man sicher sein, dass dieser Vertrag auch dann eingehalten wird, wenn die Personen, die diesen Vertrag verhandelt haben, gar nicht mehr für die betreffenden Organisationen tätig sind.

Bedingung ist jedoch, dass derartige Kooperationsbeziehungen in einem einigermaßen funktionierenden Rechtssystem stattfinden. Nur wenn sich das Organisationsmitglied darauf verlassen kann, dass es ausstehende Lohnzahlungen im Notfall vor Gericht einfordern kann, ist es dazu bereit, sich nicht nur auf eine Beziehung mit einer konkreten, natürlichen Person, sondern auch mit einer juristischen Person einzulassen. Nur wenn Organisationen sicher sein können, dass sie ihre gegenseitigen Forderungen rechtlich durchsetzen können, sind sie überhaupt bereit, sich auch ohne persönliche Loyalitätsverbindungen auf Kooperationen einzulassen.

Die Schwierigkeit ist aber, dass Organisationen zwar mit Geldstrafen belegt und in letzter Konsequenz auch aufgelöst werden können, die bei Einzelpersonen sehr einschneidende Sanktion der Gefängnisstrafe jedoch nicht zur Verfügung steht. Es fehlt hier noch jegliche Fantasie, wie ein Gefängnis aussehen könnte, in das Organisationen eingesperrt werden könnten. „Kein Seele zu verdammen, kein Hintern zu treten“ – „no soul to damn, no ass to kick“ – so könnte man mit Verweis auf den Ausruf des einstigen Lordkanzlers von England, Edward Thurlow, die frustrierenden Schwierigkeiten bei der Sanktionierung von Organisationen beschreiben.

Organisationen als interne Verantwortlichkeitszurechnungsmechanismen

Aufgrund der Schwierigkeiten der Bestrafung von Organisationen hat sich lange Zeit die Vorstellung gehalten, dass effektiv nur Mitglieder von Organisationen bestraft werden können. Organisationen seien eben nicht mehr als eine „rechtliche Fiktion“ und „rechtliche Fiktionen“ könnten nicht bestraft werden. Organisationen hätten, so das Argument, weder eigene Intentionen noch ein Schuldgefühl und könnten deswegen durch ein Strafrecht auch nicht erfasst werden (Fischel und Sykes 1996, S. 320). Strafrechtlich belangt werden sollten, so die Position, die Mitglieder der Organisation, nicht die Organisation selbst.

Abgesehen von kriminellen oder terroristischen Vereinigungen, in denen Mitglieder allein schon wegen ihrer Zugehörigkeit strafrechtlich belangt werden können, wäre es jedoch schwer zu begründen, dass alle Mitglieder einer Organisation bei einem Gesetzesverstoß strafrechtlich belangt werden. Eine mexikanische Fließbandarbeiterin eines Automobilkonzerns wäre überrascht, wenn sie ins Gefängnis müsste, weil einige deutsche Entwicklungsingenieure ein kreatives, aber illegales Instrument zum Abschalten der Abgasreinigung außerhalb des Prüfstandes entwickelt haben. Ein für die Verpflegung zuständiger ziviler Mitarbeiter der US-Armee wäre irritiert, wenn er sich vor Gericht persönlich für die Folter in irakischen Gefängnissen durch Angehörige der Militärpolizei verantworten müsste.

Deswegen wird die Verantwortung für Gesetzesverstöße in Organisationen konkreten Mitgliedern zugerechnet. Hier wird auf einen zweiten Aspekt der Formalisierung von Erwartungen in Organisationen zurückgegriffen, nämlich auf die Zurechnung von Verantwortung über die in der Formalstruktur verankerte Stelle. Durch eine Stelle wird formal bestimmt, welche Personen welche Aufgaben zu welcher Zeit erfüllen müssen, welche Regeln sie dabei zu beachten haben, von welchen anderen Personen sie Anweisungen erhalten können und welchen Personen sie Anweisungen geben können. Dadurch ist es möglich jede Entscheidung in Organisationen auf Personen zuzurechnen, sodass letztlich immer Personen verfügbar sind, die für Probleme in der Organisation verantwortlich gemacht werden können (siehe dazu Luhmann 1964, S. 177).

Die formale Zuweisung von Verantwortung auf Stellen kann sowohl vor als auch nach einer Entscheidung erfolgen. Als Organisationsmitglied weiß man aufgrund der Zuweisung auf eine Stelle ziemlich schnell, welche Aufgaben man zu erledigen, welche Regeln man bei der Aufgabenerfüllung zu beachten, wessen Befehle man auszuführen und wem man selbst welche zu geben hat. Es geht um die Übernahme von Verantwortung, weil Entscheidungen in Organisationen immer unter Unsicherheit getroffen werden. Aber die Stelle dient auch dazu, Personen zu identifizieren, wenn in der Organisation etwas schiefgegangen ist. Es geht um die Zuweisung von persönlicher Verantwortlichkeit für Fehler. Wenn es aufgrund eines Gesetzesverstoßes zu einem Problem kommt, kann man identifizieren, welche Stelle dafür verantwortlich ist, wie diese Stelle formal programmiert ist, wer diese Stelle besetzt und von welcher Stelle diese hätte überwacht werden müssen. (siehe dazu Luhmann 1964, 178f.).

Aber bei allen Versuchen über Stellen Verantwortlichkeiten zu bestimmen, bleiben immer gewisse Unklarheiten, wer letztlich wofür genau verantwortlich gemacht werden kann. Die Arbeitsteilung in Organisationen hat zur Folge, dass Zurechnungsprozesse, die außerhalb von Organisationen noch einigermaßen funktionieren, in Organisationen deutlich schwieriger werden. Die Arbeitsteilung führt in Organisationen bei allen Formalisierungsversuchen vielleicht nicht zwangsläufig zu einer „organisierten Unverantwortlichkeit“, aber doch häufig zu einer „organisierten Verantwortlichkeitsdiffusion“.

Das erklärt, weswegen bei der Skandalisierung eines Gesetzesverstoßes in Organisationen in der Regel gegenseitige Schuldzuweisungen einsetzen. Eine Abteilung weist bei der Suche nach Verantwortlichen darauf hin, dass man lediglich die von einer anderen Abteilung vorgegebenen Prozeduren durchgeführt hat und davon ausgegangen ist, dass diese auf ihre Gesetzeskonformität geprüft worden seien, während die andere Abteilung erklärt, dass die ursprünglich komplizierte Prozedur mit den Gesetzen noch in Einklang gewesen sei und erst in der Anwendung in einer anderen Abteilung ein Gesetzesverstoß aufgetreten ist. Untergebene verweisen darauf, dass sie mit einem Rechtsbruch lediglich die mehr oder minder expliziten Anweisungen ihrer Vorgesetzten ausgeführt haben, während Vorgesetzte darauf verweisen, dass sie von dem Gesetzesverstoß ihrer Organisationsmitglieder keine Kenntnis gehabt hätten (siehe zur Zurechnung von Schuld in Organisationen Laufer 2006, S. 130ff.).

Ausspielen als Strategie

Bei Bekanntwerden von Gesetzesverstößen kann es im Interesse sowohl der Organisation als auch der Mitglieder sein, sich gegenseitig gegen Sanktionen zu schützen (siehe zur dieser Risikostrategie Laufer 1999, S. 1382–1404). Eine Strategie besteht darin, dass Organisationen ihren Mitgliedern zusagen, ihnen beim Ausscheiden aus der Organisation hohe Abfindungen zu bezahlen und die gerichtlich verhängte Geldstrafe zu übernehmen, wenn sie keine belastenden Aussagen gegen die Organisation liefern (siehe zur Frage, wer Geldstrafen tragen sollte Coffee 1980, S. 456ff.). Für Organisationsmitglieder kann das ein guter Deal sein, wenn die Organisation den Strafverfolgungsbehörden keine belastenden Informationen über sie zur Verfügung stellen kann und sie gleichzeitig finanziell großzügig entschädigt werden (siehe dazu Kraakman 1984, S. 858f.).

Diese Variante bietet Organisationen eine vergleichsweise einfache Möglichkeit, sich einer strafrechtlichen Verfolgung zu entziehen. Sie greift auf die vorschnelle Personalisierung der Verantwortlichkeit bei Regelabweichungen und Gesetzesbrüchen zurück und nutzt die Möglichkeit, Personal austauschen zu können. Dafür muss sie lediglich in rechtlich sensiblen Gebieten Stellen einrichten, deren Personal im Falle von Gesetzesverstößen ohne große Störungen für die Organisation ausgewechselt werden kann, und für die Entschädigung dieses als Bauernopfer dienenden Personals entsprechende finanzielle Rücklagen bilden. Die Einrichtung umfassender Programme zur Verhinderung von Regelabweichungen und Abteilungen für Regeltreue haben nicht zuletzt die Funktion, die Verantwortlichkeit für Gesetzesverstöße möglichst gerichtsfest auf einzelne, leicht zu entfernende Organisationsmitglieder abzuwälzen.

Wegen dieser Möglichkeiten zur Personalisierung der Verantwortlichkeit laufen die Strategien der Strafverfolgungsbehörden – ganz unabhängig von rechtstheoretischen Erwägungen – vielerorts im Moment darauf hinaus, sowohl die Organisation als auch die verantwortlichen Organisationsmitglieder zu belangen und dadurch das Bündnis zwischen unter Verfolgungsdruck stehenden Organisationen und den von Strafe bedrohten Organisationsmitgliedern zu zerstören. Dabei wird den Organisationsmitgliedern Strafnachlass versprochen, wenn sie Belastungsmaterial gegen die Organisation zur Verfügung stellen. Gleichzeitig wird der Organisation eine Reduzierung der Strafzahlungen in Aussicht gestellt, wenn sie die für die Entscheidungen verantwortlichen Organisationsmitglieder ans Messer liefern.

Letztlich wird hier von den Strafverfolgungsbehörden eine mehr oder minder komplexe Variante des Gefangenendilemmas durchgespielt (siehe dazu Rapoport und Chammah 1965). Die Beschuldigten – egal ob Organisationsmitglieder von verschiedenen Stellen oder Vertreter der Gesamtorganisation – werden kommunikativ so voneinander getrennt, dass sie ihre Verteidigungsstrategie nicht absprechen können. Dann wird ein erheblicher Strafnachlass in Aussicht gestellt, wenn sie durch ein Eingestehen der Straftat nicht nur sich selbst, sondern auch die jeweils andere Partei ans Messer liefern. Weil niemand sicher sein kann, wie sich die jeweils anderen unter Druck verhalten, ist es rational, bei der Aufdeckung der begangenen Straftat mitzuwirken.

Hier greifen Strafverfolgungsbehörden auf die beiden Möglichkeiten zurück, über dieVerantwortlichkeit zugerechnet werden kann. Sie nutzen einerseits die durch Ausbildung von Formalstrukturen ermöglichte Adressierung von Organisationen als juristischen Personen, um die Organisation als Ganzes haftbar zu machen, und nutzen andererseits die durch die Formalstruktur mögliche Zurechnung von Verantwortung auf einzelne Stellen, um strafrechtlich auf einzelne Organisationsmitglieder zugreifen zu können. Die durch die Formalstruktur mögliche Diffusion von Verantwortlichkeit in Organisationen – zwischen Organisation und ihren Mitgliedern und zwischen Organisationsmitgliedern – wird hier also umgekehrt als Hebel genutzt, um die Gesetzesverstöße im Einzelnen aufdecken und bestrafen zu können.

4. Sensibilitäten und Toleranzen gegenüber Gesetzesverstößen

Das Management vieler Organisationen tendiert dazu, Verstöße gegen staatliche Gesetze deutlich problematischer und schwerwiegender einzuschätzen als Verstöße gegen die formalen Regeln der Organisation. Die Auffassung ist, dass sich Maßnahmen zur Durchsetzung von Regeltreue auf straf- oder bußgeldbewehrte Regelverstöße konzentrieren sollten, weil dort nicht nur besondere finanzielle Risiken beständen, sondern auch die Rufschäden für die Organisation besonders hoch seien (Preusche und Würz 2016, S. 9).

Zu diesem Fokus werden von den Regelwächtern nicht nur die Verhinderung der klassischen Gesetzesverstöße in Organisationen wie Korruption oder Kartellbildung gezählt, sondern besonders auch die Verletzung von Umweltschutz oder Exportgesetzen. Als potenziell straf- und bußgeldbewehrte Regelverstöße werden zunehmend auch die fehlende Verhinderung der Diskriminierung einzelner Organisationsmitglieder, die Beschäftigung von Scheinselbstständigen oder Verstöße gegen Arbeitsschutzbestimmungen ins Auge genommen.

Aber wie sinnvoll ist es, unterschiedliche Toleranzgrenzen für Verstöße gegen staatliche Gesetze einerseits und formale Regeln der Organisation andererseits zu verkünden? Ist es plausibel, dass für Verstöße gegen staatliche Gesetze eine – wie in vielen Organisationen üblich – Null-Toleranzpolitik ausgerufen wird, während für Abweichungen von formalen Regeln eine gewisse Toleranz in Aussicht gestellt wird?

Toleranzen für die Duldung von Gesetzesverstößen

Es gibt Indizien, dass es für Organisationen einfacher ist, den Verstoß gegen Gesetze zu tolerieren als Verstöße gegen formale Ordnungen, die sich die Organisation ja letztlich selbst gegeben hat. Man denke an die in den meisten Ländern verbotene, aber trotzdem punktuell eingesetzte „Rettungsfolter“, durch die Polizisten versuchen, Entführern den Ort der Entführten abzupressen (siehe dazu Reemtsma 2011; Wagenländer 2011), an die in Speditionsfirmen erwartete Manipulation der Tachoscheibe, um die Lenkzeiten der LKW-Fahrer illegalerweise zu verlängern (siehe dazu Gray und Silbey 2014) oder an die verbotene Überbrückung von Sicherungen mithilfe von Drähten, um Produktionsmaschinen trotz einer Störung weiter betreiben zu können.

In der Wahrnehmung der Organisation – oder zumindest der eigenen Organisationsspitze – dienen organisationsintern erstellte Regeln dazu, die von der Organisation erwarteten Leistungen effektiver und effizienter zu erbringen, während die von außen vorgegebenen Rechtsnormen häufig als unnötig rigide wahrgenommen werden. Die offizielle Akzeptanz dieser Rechtsnormen wird für die Legitimationsgewinnung der Organisation als zentral betrachtet, aber gleichzeitig wird intern kommuniziert, dass diese für den organisatorischen Alltag häufig ungeeignet sind.

Deswegen gibt es in Organisationen nicht selten ein hohes Maß an Toleranz, wenn von dieser an Umwelterwartungen ausgerichteten Formalstruktur abgewichen wird (so Meyer und Rowan 1977, S. 341). Abweichungen und Verstöße werden als nachvollziehbare Schutzreaktionen gegen unnötig rigide Gesetze, schlecht gemachte Verordnungen oder verkomplizierende Verwaltungsentscheidungen wahrgenommen. Es handelt sich letztlich um „aufgedrängte Illegalitäten“ (so Luhmann 1964, S. 306), die man zu einem gewissen Maße akzeptieren muss, weil Organisationen die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht selbst verändern können.

Fehlende Eingrenzungsmechanismen bei Gesetzesverstößen

Allerdings gibt es einen Grund, weswegen Organisationen bei Gesetzesverstößen besonders sensibel sind. Während Verstöße gegen die eigenen formalen Regeln von der Organisation selbst ohne Einschaltung Dritter gelöst werden können und das zuständige Management selbst entscheiden kann, ob es den Regelverstoß sanktioniert, ihn duldet oder ihn sogar zum Anlass nimmt, die Regel zu verändern, fehlt diese Autonomie bei Verstößen gegen staatliche Gesetze weitgehend.

Regelverletzungen in Form von Gesetzesbrüchen und Missachtungen von Verordnungen sind empfindlich gegenüber Aufdeckungen. Im Prinzip ist es jedem noch so rangniedrigen Organisationsmitglied möglich, einen Gesetzesverstoß den Strafverfolgungsbehörden zu melden, ohne dass die Organisation die dann einsetzenden Prüfmechanismen stoppen kann. Jeder Kunde oder Klient – egal ob es sich um den Käufer eines Produktes, die Studentin an einer Universität, den Patienten in einer Praxis beziehungsweise Klinik oder die Strafgefangene in einer Justizvollzugsanstalt handelt – kann sich mit einer Anzeige an die Polizei oder Staatsanwaltschaft wenden und damit einen Untersuchungsprozess jenseits der Organisation lostreten.

Bei Verstößen gegen Gesetze drohen letztlich immer Organisationsexterne darüber zu entscheiden, wie mit den Regelbrüchen umgegangen werden soll. Beim Versuch Mitarbeiter von Ministerien oder Verwaltungen zu schmieren, um an große Aufträge für den Bau von Kampfschiffen, Autobahnen oder Flughäfen heranzukommen, geht mit dem nicht unerheblichen Risiko einher, dass eine Aufdeckung dieser Regelverletzung Verfolgungen nicht innerhalb, sondern außerhalb der Organisation in Gang setzt. Bei Verstößen gegen Gesetze ist man – so das plausible Argument – mehr oder minder der Willkür von Strafverfolgungsinstanzen oder zivilen Gerichten ausgeliefert und deswegen müssten Organisationen besondere Vorkehrungen treffen, dass es nicht zu Gesetzesverstößen komme.

Verschärft wird dies noch dadurch, dass die Aufmerksamkeit für Gesetzesbrüche in der Öffentlichkeit wesentlich größer ist als für Verstöße gegen formale Regeln der Organisation. Während man bei Verstößen gegen die formale Ordnung einer Organisation wie dem Rauchverbot in einem Betrieb nicht erwarten kann, dass sich irgendjemand dafür interessiert, wecken Verstöße gegen staatliche Gesetze sofort Aufmerksamkeit weit über die Organisation hinaus (Luhmann 1972, S. 256).

5. Fließende Übergänge zwischen Verstößen gegen Gesetze und Verstößen gegen die Formalstruktur

Auf den ersten Blick scheinen die Abgrenzungen zwischen Verstößen gegen staatliche Gesetze und formale Regeln vergleichsweise einfach. Ein Organisationsmitglied kann – so könnte man argumentieren – schon am Titelblatt des Regelwerkes erkennen, ob es mit staatlichen Gesetzen oder formalen Regeln der Organisation konfrontiert ist. Wenn das Dokument ein organisationsübergreifendes Regelwerk ist, das von einem Parlament oder einer Regierung verabschiedet wurde, kann man, so die mögliche Position, ziemlich sicher davon ausgehen, dass man es mit einem staatlichen Gesetz oder einer staatlichen Verordnung zu tun hat, während ein Verweis auf die eigene Organisation auf dem Titelblatt als Indiz gewertet werden kann, dass es sich um eine in der Reichweite begrenzte formale Ordnung handelt.

Auf den zweiten Blick sind die Abgrenzungen zwischen Verstößen gegen staatliche Gesetze und formale Regeln deutlich schwieriger. Die Anlage von „schwarzen Lagern“, um im Notfall auch beim Versagen der Logistik die Produktion aufrechterhalten zu können, ist erst einmal nur ein Verstoß gegen die Inventarisierungsregeln eines Unternehmens. Aber daraus können schnell Gesetzesverstöße werden, wenn aufgrund illegaler Lager die Bilanzen eines börsennotierten Unternehmens erheblich verschärft werden. Das Verschenken einer Goldkette an die Repräsentantin einer Entwicklungsbank durch den staatlichen Kreditnehmer eines Entwicklungslandes kann erst einmal nur ein Verstoß gegen die formalen Regeln der eigenen Organisation sein, aber sehr schnell zu einem gerichtlich relevanten Korruptionsfall werden.

In Organisationen ist es möglich letztlich alles, was in einer Organisation stattfindet, als einen für Gerichte relevanten Aspekt zu betrachten. Wenn eine Soldatin in einer Übung ums Leben kommt, gibt es keine Möglichkeit zu verhindern, dass Straf- und Zivilgerichte zur Prüfung von Verfehlungen der militärischen Organisation bemüht werden. Wenn ein Student eine schlechte Note in einer Prüfung bekommt, kann letztlich niemand ihn oder seine Eltern davon abbringen, vor einem Verwaltungsgericht den Prozess der Notengebung überprüfen zu lassen. Wenn eine Busfahrerin einen Unfall verursacht, hat eine Versicherung alle Möglichkeiten zu versuchen, die städtische Verkehrsgesellschaft mit Verweis auf „Organisationsfehler“ in Haftung zu nehmen. Im Prinzip kann alles, was in einer Organisation getan oder nicht getan wird, nachträglich als eine Entscheidung rekonstruiert und damit rechtlich relevant gemacht werden.

Schwierigkeiten der Abgrenzung zwischen Verstößen gegen staatliche Gesetze und formale Regeln

Die Ursache für diese Schwierigkeiten der Abgrenzung zwischen staatlichen Gesetzen und organisationalen Regeln liegt in den Auswirkungen der Verrechtlichung der modernen Gesellschaft auf Organisationen. Schon das Prinzip moderner Organisationen basiert auf der rechtlichen Regulierung des Status von Organisationsmitgliedern. Nicht nur Eintritt und Austritt in die respektive aus der Organisation, sondern auch die Versetzung innerhalb der Organisation sowie die Veränderung von Anforderungen können jederzeit zum Anlass arbeitsrechtlicher Auseinandersetzungen gemacht werden. Schließlich kann niemand die Organisation – und wichtiger noch – jedes einzelne Organisationsmitglied daran hindern, prüfen zu lassen, ob die an sie gestellten formalen Anforderungen legal sind oder nicht.

Dabei spielt eine wichtige Rolle, dass viele gesetzliche Vorgaben durch formale Regeln für Organisationen überhaupt erst aktualisiert und spezifiziert werden. Organisationen können nicht davon ausgehen, dass ihre Organisationsmitglieder alle für ihre Tätigkeiten relevanten staatlichen Gesetze und Verordnungen kennen. Wenn man sich nur vor Augen führt, dass die Rechtsnormen zur Regulierung von Finanzmärkten jedes Jahr um mehrere zehntausend Seiten zunehmen, wird deutlich, dass Banken und Versicherungen diese notgedrungen für ihre Mitarbeiter so in formalstrukturelle Anforderungen übersetzen müssen, dass diese nicht „aus Versehen“ dagegen verstoßen (siehe dazu prägnant Haldane 2012). Kurz: Organisationen sind permanent am Überlegen, wie sie allgemeine rechtliche Vorgaben für ihre Mitglieder so umsetzen, dass sie für den Fall eines Falles aufzeigen können, dass sie alles getan haben, um der staatlichen Rechtssetzung innerhalb der Organisation Geltung zu verschaffen.

Verschärft wird diese Situation noch dadurch, dass im Prinzip jedes Ereignis in einer Organisation zum Anlass von straf-, verwaltungs- oder zivilrechtlichen Auseinandersetzungen werden kann. Bei den Vorschriften zur Größe von Dichtungsringen beim Verlegen von Rohren handelt es sich erstmal nur um interne Arbeitsvorschriften, sie werden aber unmittelbar strafrechtlich relevant, wenn es aufgrund von Gasaustritten zu einer Explosion in der Fabrik kommt (siehe dazu klassisch Perrow 1984). Die Genehmigung von Veranstaltungen durch städtische Verwaltungen ist eine alltägliche Routinetätigkeit, wird aber sofort nicht nur verwaltungs-, sondern besonders auch strafrechtlich relevant, wenn es bei einer Großveranstaltung zu einer Massenpanik kommt (siehe zu Verwaltungsdesastern Seibel et al. 2017). Organisationen sind nicht dagegen geschützt, dass rechtlich geprüft werden kann, inwiefern sie bei mehr oder minder großen Katastrophen aufgrund ungenügender formaler Vorkehrungen eine Schuld trifft (siehe dazu allgemein Kette 2014).

Zum Prozess der Verrechtlichung

Dieser Prozess des Zugriffs des Rechtssystem auf Organisationen ist nichts Ungewöhnliches. Letztlich kann jeder Aspekt – jeder Konflikt in einer Familie, jedes Aufeinandertreffen von Bewohnern eines Hauses, jede Auseinandersetzung auf der der Straße – zum Anlass einer gerichtlichen Angelegenheit gemacht werden und Gerichte können sich der Beschäftigung mit diesen Aspekten nicht entziehen. In der sozialwissenschaftlichen Forschung wird dieser Prozess als Verrechtlichung bezeichnet (siehe dazu allgemein Teubner 1987a).

Die weitgehenden Zugriffsmöglichkeiten des Rechtssystems finden ihre Parallelen in einer Vielzahl von Expansionsbestrebungen aus anderen gesellschaftlichen Teilbereichen (siehe dazu Luhmann 1997, S. 763; Nassehi 2002, S. 43f.; Kühl 2019, S. 26–34). Es wird eine totale Ökonomisierung der Ge¬sellschaft diagnostiziert, in der die Logik der kapitalistischen Wirtschaft alle Aspekte des Lebens erfassen würde (vgl. Kurbjuweit 2003, S. 11). Mit dem Begriff des Primats der Politik wird die Möglichkeit beschrieben, dass sich keine soziale Beziehung dem Zugriff einer politischen Regulierung entziehen kann (vgl. Beck 1996, S. 19ff.). Mit dem Begriff der Verwissenschaftlichung wird markiert, dass letztlich eine wissenschaftliche Expertokratie zu¬nehmend alle Lebensbereiche zu kolonialisieren strebt (vgl. Illich 1979, S. 7ff.). Die Komplexitätsanforderungen von Organisationen entstehen maßgeblich dadurch, dass sie parallel durch entgegenlaufende Prozesse der Verrechtlichung, Ökonomisierung, Politisierung oder auch Verwissenschaftlichung erfasst werden.

Für die Organisation ist die Tatsache, dass es in der modernen Gesellschaft parallel zur Verrechtlichung, auch zur Ökonomisierung, Politisierung und Verwissenschaftlichung kommt, wenig beruhigend. Im Gegenteil. Sie müssen nicht nur ökonomische, politische oder auch wissenschaftliche, sondern auch rechtliche Konsequenten von Entscheidungen im Blick haben. Letztlich kann dabei jede organisationale Entscheidung zum Anlass von rechtlichen Auseinandersetzungen über die Legalität oder Illegalität der daraus resultierenden Praktiken werden. Die Grenzen zwischen formalen Erwartungen der Organisation und rechtlichen Erwartungen des Staates sind folglich viel fließender als man es auf den ersten Blick vermutet.

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Veröffentlicht von Stefan Kühl

Hat vor zwanzig Jahren als Student die Systemtheorie in Bielefeld (kennen-)gelernt und unterrichtet dort jetzt Soziologie. Anspruch – die Erklärungskraft der Soziologie jenseits des wissenschaftlichen Elfenbeinturms deutlich zu machen. Webseite - Uni Bielefeld

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