Alle Artikel von: Stefan Schulz
Institutionalisierte Organisationsexile
Mein soziologisches Selbstgespräch über journalistische Selbstgespräche hat, immerhin, zu zwei explizierten Kommentierungen geführt. Beide verweisen, neben inhaltlichen Anmerkungen, auf Verständnisschwierigkeiten. Daher gehe ich dem Problem noch einmal nach. Mit folgender Frage/Antwort-Problemstellung: Was haben Enquetekommissionen, Führungskräfte-Coachings und manche Journalisten-Konferenz (und weitere auffindbare Einrichtungen) gemeinsam? Sie stellen institutionalisierte Exile dar und versuchen Probleme von Organisationen außerhalb von Organisationen zu lösen. Aus bestimmten soziologischen Perspektiven sind solche Lösungen wie folgt zu beschreiben: praktisch aber falsch.
Scheitern von Interaktion
Constanze Kurz schreibt hier über das Scheitern der letzten Sitzung der „Internet und digitale Gesellschaft“-Enquête-Kommission des Bundestags. Der thematische Sachverstand, die individuellen Ziele und die politische Entscheidungslogik haben sich blockiert. Das hat für viel Wirbel gesorgt, weil das Scheitern von unbeteiligten Beobachtern sofort Personen zugerechnet wurde und so viel persönliche Enttäuschung hervor rief.
Journalistische Selbstgespräche
Zuletzt verfielen einige Journalisten in Meditation und dachten über sich und ihre berufliche Tätigkeit nach. In Leipzig hat die Privatschule einen Kongress veranstaltet und in Erfurt fand eine Diskussion statt. Von diesen Veranstaltungen wird an verschiedenen Stellen berichtet.
„Put your best shirt on, baby“
Man könnte jetzt darüber nachdenken, dass man 1972 dachte, man muss im Jahr 2000 immernoch die Probleme von 1972 lösen. Oder, man könnte sich wundern, dass Probleme in den letzten 40 Jahren kaum gelöst, sondern vielfach vergessen und verdrängt wurden. Oder, man könnte einfach darüber lachen. Nicht über den Film, sondern über uns, die wir heute das Internet mit Prognosen und Plädoyers darüber vollschreiben, dass Google+ jetzt endlich die Twitterstarre löst, Facebook wegrevolutioniert und uns morgen die verdiente Lebensfreude bringt – als ob das morgen unser Problem wäre. Oder, man könnte sich fragen: Ist nicht die grüne Wiese im Sommer noch immer das größte soziale Medium? In Jena heißt der Park zurecht Paradies, seit ewig, für ewig. Da trifft man sich nicht, um darüber zu reden, ob die Wiese morgen grüner sein wird oder wie man sie grüner bekäme… Ich finde das ziemlich gut, auch wenn es um ein vielfaches zu sachte formuliert ist.
Solidarische Entsolidarisierung
In der heutigen F.A.Z. ist im Wirtschaftsteil ein kleiner Text („Eine Frage der Ehre am Golf“, S. 10) versteckt, der in den arabischen Ländern eine „geistige Revolution“ beobachtet: „Auch in den Golf-Staaten nimmt die Komplexität des Wirtschaftens zu, und eine Vielzahl neuer gesetzlicher Regelungen, sei es zum Kapitalmarkt oder zum Konkursrecht, wird dieser Komplexität gerecht.“ Das Recht gewinnt an Bedeutung und löst andere Mechanismen der (wirtschaftlichen, herrschaftlichen) Verhaltensorientierung ab: „Gerade die „Arabellion“ und die Umwälzungen in der arabischen Welt zeigen, dass sich die Jugend nicht länger dem Begriffspaar „Macht/Furcht“ fügen will.“
Was es kann und was wir wollen #Hangout
Diese ganzen Social-Media-Hypes sind ja eigentlich nur was für Spielkinder, die sich schon immer für magische Maschinen interessiert haben. Wer sich heute mit finanzieller Hilfe bei Ebay um eine Google-Plus-Einladung bewirbt und das Glück hat, dies nicht aus beruflichen Gründen tun zu ‚müssen‘, folgt mit hoher Wahrscheinlichkeit einem lebensbestimmenden Muster. Chronologisch rückwärts hat man sich mit ähnlicher persönlicher Inbrunst und finanzieller Hingabe um die Anschaffung digitaler, elektronischer und mechanischer Maschinen gekümmert. Alle 5 – 20 Jahre änderte sich die Spezies der Maschine, die Neugier bleibt dieselbe.
Ließe sich alles retten? Schon morgen!?
Das Nachdenken über den Staat wird ja heutzutage etwas erschwert. Überall steht geschrieben, der Staat solle Banken retten, Hauptschulen und Atomkraftwerke abschaffen und, sofern er sich in der Lage sieht, Olympische Spiele veranstalten. Wenn man von diesen Luxusproblemstellungen absieht, die die Moderne dem Staat aufbürdet, bleibt von der Institution Staat ein zweiseitiges Prinzip übrig: Er soll soziale Ordnung garantieren in dem er individuelle Freiheit einschränkend und absichernd reguliert. Die Phänotypen dessen sind das Steuerrecht und das Strafrecht.
Frauenfußballmissverständnis
Es war ja eigentlich klar, dass man zu Zeiten einer Frauenfußball-Weltmeisterschaft im eigenen Lande nicht in Ruhe keinen Fußball gucken darf. Wenn es um Frauen in Männerdomänen geht, werden Gefälligkeitshobbys zu Staatsbürgerpflichten. Und gerade diejenigen, die von Fußball keine Ahnung haben, das auch genau so schreiben*, fangen plötzlich an mit Vorwürfen, man sei als expliziter Frauenfußballverweigerer gleich den Homophoben.
The Chancellor‘s Speech
In regelmäßigen Abständen gibt es von der Bundeskanzlerin einen Video-Podcast, der, immer ein Thema behandelnd, als ihr direktes Sprachrohr dient. Manchmal redet nur sie, manchmal werden Interviews abgelesen und manchmal überlässt sie den Kanal auch Anderen. Für die kommende Woche steht ein Halbjahrwechsel bevor. Diese bringen zuweilen große Änderungen und Überraschungen in die Politik. Eine Überraschung könnte sein: Eine Kanzlerlin-Videobotschaft mit umgekehrten Vorzeichen. Ich helfe bei der Formulierung.
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Konstruktive Interaktionssabotage (Komplimenteabwehr)
Zuletzt gab es hier auf der Seite eine „Tollerei“-Inflation. In die Kategorie „Tollerei“ werden all die Texte einsortiert, die einen Anspruch an gute Soziologie, mal mehr, mal weniger, gegen den Anspruch einer irgendwie ausfallenden Praxistauglichkeit eintauschen. Der folgende Text fällt beinah komplett unter derartige „Lebenshilfe“ und betrifft zudem das mir eigentlich völlig unbekannte „Gender“-Thema (ich gehe aber kein großes Risiko ein und bleibe jeder generalisierenden Referenz auf Gesellschaft fern).
Twitter ist ein sicherer Ort
Seit ein paar Tagen folge ich Stefan M. Seydel bei Twitter. Bekannt ist er mir unpersönlicherweise aus seinen alten ((( rebell.tv ))) -Zeiten. Er hat die Verfügbarkeit seines reichen Video- und Ideenarchivs gekappt. Was nun noch bleibt, sind seine Tweets. Darunter fällt, was bei Twitter bemerkenswert üblich ist, eine regelmäßige Wiederholung des immer gleichen Tweets: seine morgendliche 10-Uhr-Behauptung, dass dieser Ort (Twitter) sicher sei. Die Erklärung zur Behauptung findet sich hinter dem immer mitgesendeten Link http://bit.ly/giOrw4.