Emanzipation, ja! Aber nicht immer nur die der Frauen

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Im Grunde, da will ich mich gar nicht drüber beschweren, habe ich nichts gegen das gängige Unvermögen von Menschen – von dem ich auch betroffen bin – die Welt so zu sehen, wie sie ist, sodass man möglichst wenig ins Stolpern gerät. Es ist schließlich, so empfinde ich es, ehrenvoll, ständig nicht nur des Namens, sondern auch der Person beraubt zu werden, wenn an deren Stelle der gute Name der F.A.Z. stehen kann. So läuft es, es ist tatsächlich egal, was man schreibt. Es geht, wenn darüber gesprochen wird, immer darum, was die F.A.Z. sagt, denkt und plant. Gegen diesen Modus der Beobachtung habe ich absolut nichts einzuwenden.

Wenn ich also gefragt werde, ob mich Texte wie dieser denn persönlich interessieren, fliege ich kurz drüber und denke: Ja, interessiert mich, aber vieles anderes auch. Wenn es dann aber – und daran ist dieses dumme Twitter schuld, das superschnell aber eben wirklich superdumm ist, die Tweetautoren (auch davon bin ich selbst betroffen) können wenig dafür – nur noch heißt: Ah, ein „FAZettelter“ Text „über Männer, die Frauen das mit den Kindern und dem Arbeiten erklären“ und auf ein Text von mir Bezug genommen wird, frage ich mich, ob das mit der Kürze der Gedanken, die in dieser Twitter-Massenkommunikation drin stecken, nicht doch ein wenig zu weit geht. Denn natürlich geht es in meinem Text nicht darum, dass ich als Mann Frauen erkläre, wie das mit dem Beruf und dem Kinderkriegen zu funktionieren hat…

Also daher, nochmal in dummer Kürze, für die zeitlosen Twittereiler: Es geht in meinem Text um eine Strategie, sich aus dem Sinnloswettlauf der Erlebnis-, Konsum- und Karrieregesellschaft zu verabschieden. Mein Vorschlag: Familie gründen, und zwar auch dann, wenn man glaubt, man packt es nicht, weil in den modernen Handbüchern steht, man müsse erst einen Superhit schreiben, eine Aktiengesellschaft gründen und drei Studienabschlüsse haben. Nein, mein Text ist kein Appell, keine Belehrung und auch kein Herumtrampeln auf prekär Beschäftigten, sondern ein Plädoyer, und zwar von jemandem, der ohne Führerschein und Auto, Wäschetrockner, Festanstellung und Studienabschluss ganz bewusst ein Kind bekam, es damals nicht bereute, es heute nicht bereut und auch bei Bekannten in vergleichbaren Situationen nie Grund sah, über diese Menschen und ihre Entscheidungen anders zu denken. Verstanden? (Oder müssen wir bei der Frage nach Familie, Fürsorge, Twitter und Selfies nochmal ganz von vorne anfangen zu diskutieren?)

(Bild: whologwhy)

Veröffentlicht von Stefan Schulz

Diplom-Soziologe aus Jena via Bielefeld in Frankfurt am Main. Kümmert sich promovierend um die Bauernfamilien des 12. Jahrhunderts mit ihrem Problem der erstmaligen "Kommunikation unter Unbekannten" und ist heute Journalist. stefanschulz.com

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