Teil 2/2
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3. Über die Vermenschlichung und Versachlichung der Sozialbeziehungen
Der nationalsozialistischen Gemeinschaftsideologie lag die Vorstellung zugrunde, die Einbindung der Menschen und die untereinander bestehenden Sozialbeziehungen in intensiver Weise zu praktizieren. Höhn (1934: 12, 1938: 8) bezeichnete die Volksgemeinschaft in diesem Zusammenhang als einen Raum, der über die zwischenmenschlichen Beziehungen allein hinausginge und stattdessen sowohl die geistige als auch die biologische Seite des Menschen in seiner ganzen Existenz einnehmen solle. Der Staat, in seiner Funktion als Mittel zur Erreichung dieses volksgemeinschaftlichen Zwecks (hierfür auch Chapoutot 2021: 29ff.), müsse im Anschluss an ein gemeinschaftliches Erlebnis, welches sich insbesondere im Betrieb erzeugen und erfahren ließe, den Rückzug ins Private mittels Kontrolle und Erziehung verhindern, weil ein solches Erlebnis sonst wieder verblassen würde (Höhn 1934: 30f.; siehe auch Teevs 2004: 32).
Das Bild des Arbeiters, der aus ideellen Motiven handelt, wurde unterdessen weitestgehend abgelehnt (Firkus 2021b). Von größerem Interesse war nicht mehr der in der NS-Doktrin als unterschiedlich und ungerecht bewertete materielle, sondern der gleich und fair bemessene ideelle Wert der Arbeit (Wildt 2019: 208f.). Dieser Anti-Materialismus beschrieb eine »Vermenschlichung« der sozialen Beziehungen, forderte dabei „den Einsatz der arbeitenden Person als ganzer, also mitsamt ihrer Gesinnung und Moral“ (Kocka 2014: 31). Aus soziologischer Sicht weist diese strikte Orientierung an den hoch angesetzten Idealen und Werten auf eine intensive Form von Kollegialität in den nationalsozialistischen Organisationen hin.
Kollegialitätsnormen sind Formen der Zusammenarbeit auf Basis informeller, sich allerdings nach wie vor an den Kriterien der Mitgliedschaft orientierender Erwartungen, die sich in jeder Organisation herausbilden. Vereinfacht gesagt bezeichnen Kollegialitätsnormalen Richtlinien gegenseitiger Unterstützung, die recht erwartungssicher sind, weil sie auch unabhängig von den persönlichen Beziehungen zueinander erwartet werden können (Grüneisen 2015: 181f.; Luhmann 1995: 314ff.). Die auf nationalsozialistischer Seite beobachtete Steigerung dessen sind die sogenannten Kameradschaftsnormen: Auf diesen basieren Erwartungen und Beziehungen, sobald es bei der Ausübung der organisationalen Pflichten nicht mehr nur um die Rolle als Organisationsmitglied geht, sondern die Person stattdessen in ihrer Ganzheit involviert ist. Kameradschaft bildet sich dabei üblicherweise in solchen Organisationen aus, in denen die Möglichkeit einer lebensbedrohlichen Situation den Erwartungshorizont der Mitglieder prägt (Grüneisen 2015; Kühl 2017; lesenswert im Zusammenhang mit dem nationalsozialistischen Militär auch Kühne, 1996).
Im nationalsozialistischen Ordnungssystem gingen die kameradschaftlichen Erwartungen untereinander jedoch, so mein Interpretationsvorschlag, weit über die dafür sonst üblichen, auf dem militärischen Schlachtfeld partizipierenden »Volksgenossen« hinaus (ähnlich auch Kühl 2014: 162f.). Sie schlossen stattdessen auch die anderen Angehörigen der Volksgemeinschaft als »In-Dividuen« in eine Art des nationalen Überlebenskampfes ein (Holz & Weyand 2018: 108). Dies äußerte sich in einer mit reichlichen Kriegsmetaphern gefüllten Militarisierung prinzipiell aller gesellschaftlichen Räume, insbesondere aber des Arbeits- und Betriebslebens (Breisig 1990: 94f.; Schatz & Woeldike 2001: 83f.; Schultz 2011: 167). So wurde die Arbeit und Führung mit dem in den Krieg ziehenden Soldaten vergleichen oder gleichgesetzt (Hachtmann 2014: 89; Pongratz 2002: 46ff.), während auch die zum damaligen Zeitpunkt nicht unbedeutenden Werkzeitschriften (siehe etwa Möbius 2018: 178f.) zum Gefecht an der inneren (Produktions-)Front der Arbeit aufriefen (Michel 1997: 378ff., 400; ferner Schultz 2011: 136f., 147). Prädestiniert hierfür ist der vom NS-Regime offen ausgerufene Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und die damit einhergehenden Initiativen zur Erreichung der Vollbeschäftigung – im dazu passenden militärischen Jargon der »Arbeitsschlacht« (Wagner 2012: 65; siehe auch Hachtmann 2014; Humann 2014). Derartige Analogien und Metaphern erlangten insbesondere mit Beginn des Krieges einen hohen Stellenwert, sei das Pflegen der Kameradschaft doch „höchstes Gebot im Kriege noch mehr als im Frieden“ (Rau-Kühne 1999: 145).
Das empirische Erleben des kameradschaftlichen Miteinanders wurde darüber hinaus durch zahlreiche gemeinsame Aktivitäten außerhalb der Arbeitszeit gefestigt. Diese Integrationsmomente sind wesentlich mit der »Deutschen Arbeit« zu Zeiten des Nationalsozialismus verbunden, um ein von Gemeinsamkeit geprägtes Verständnis der beruflichen Tätigkeit suggerieren und entwickeln zu können (Lelle 2015: 29; Raguse 2018: 48). Zahlreiche Formen der immateriellen Anteilnahme wurden zum Zwecke der Vergemeinschaftung untereinander gefördert und gleichzeitig über gesetzliche Vorgaben hinaus eindringlich gefordert (Kossack 2005: 357; Krell 1994: 49). Die Gemeinschaft sollte dadurch über eine rein betriebliche Dimension hinaus entwickelt und unter stärkerer Berücksichtigung des zwischenmenschlichen Bereichs konzipiert werden.[1] Nicht zuletzt findet sich hierdurch ein weiterer Hinweis auf das durch die Vermischung der privaten und öffentlichen Sphäre bestehende Kalkül eines personalrechtlichen Totalitätsanspruchs auf den arbeitenden, deutschen Menschen (Spohn 1984: 548; siehe hierfür auch Abschnitt 1 aus dem ersten Teil des Textes in Firkus 2021a).
Im Harzburger Modell lässt sich unterdessen durch den offensichtlich sachorientierten Appell an den Verstand der Mitarbeiter ein dazu konträres Bild zeichnen (Teevs 2004: 83). Zentraler Fixpunkt sind die formal festgelegten vertikalen Kontakte (Blume & Breuer 1972: 35; Trebesch 1969: 45, 100). Zwar berücksichtigt die »Führung im Mitarbeiterverhältnis« auch einige horizontale Verbindungen der Zusammenarbeit zwischen einzelnen Stelleninhabern (siehe etwa Höhn 1972: 623), doch werden diese, ebenso wie sonstige kooperative Ansätze, in ein Korsett an Regeln, Vorschriften und ausführlichen Ablaufplänen gepresst und ermöglichen somit allenfalls die notwendigsten Querinformationen auf der Ebene gleichrangiger Stelleninhaber (Böhme 1972; Höhn 1969: 40ff., 243ff.; hierzu auch Blume & Breuer 1972: 36; Schmid 2014: 88, 92f.).[2]
Sogar die kollegiale Zusammenarbeit im Betrieb wird innerhalb der den Stellenbeschreibungen innewohnenden Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen festgehalten bzw. eindeutig definiert (Höhn 1972: 624ff.). Durchsetzbar in diesem Zusammenhang sei, so Höhn (1972: 628), allenfalls die Erfüllung konkreter Anordnungen, nicht aber ein (ethischer) Appell an eine positive Zusammenarbeit. Insofern lässt sich im Harzburger Modell angesichts derart genauer Verhaltens- und Vorgehensregeln sowohl für Vorgesetzte als auch für Mitarbeiter eine Art »Versachlichung«, also die Bürokratisierung der innerbetrieblichen, zwischenmenschlichen Beziehungen feststellen (Guserl & Hofmann 1976: 237, 243f.; Trebesch 1969: 35, 56). Eine Kooperation fernab dieser Regelung wird entsprechend erschwert (Blume & Breuer 1972: 36).
Es soll nicht suggeriert werden, dass eine solch minimalistisch gehaltene Betrachtung der informalen Aspekte – oder umgekehrt: der hohe Formalisierungsgrad des Harzburger Modells – zu einem Mangel oder gar der vollständigen Abwesenheit von informalen Beziehungen und Kollegialitätsnormen führen würde. Das Zusammenspiel informaler und formaler Erwartungen, Rollen und Beziehungen in Organisationen gilt schon lange als unumstritten (siehe nur Luhmann 1995). Allerdings zeigen die ausführlichen formalen Richtlinien und das damit einhergehende geringe Abstraktionsniveau des Harzburger Modells deutlich die Überbetonung des rationalen Handelns sowie dessen ökonomische Zweckbezogenheit auf.
Das sachliche Handeln des Mitarbeiters wird somit, im Gegensatz zur nationalsozialistischen Betriebsgemeinschaft, anstelle des emotionalen Verhaltens gefordert, ja sogar vorausgesetzt (Reber 1970: 635) – schließlich gilt der Betriebszweck im Harzburger Modell, wie wir schon gesehen haben, nicht einer in der Gesellschaft zu verorteten höheren Entität, sondern allein dem ökonomischen Erfolg des eigenen Unternehmens (Block 1972: 560, 562; Blume & Breuer 1972: 39; siehe auch Abschnitt 1 aus Firkus 2021a). Dabei hat sich, wie Vertreter des Harzburger Modells selbst immer wieder dargestellt haben, die Strukturierung betrieblicher Angelegenheiten an Sachfragen, nicht aber an Personen zu orientieren. Durch diese offensichtliche Sachbezogenheit besteht aber gerade kein Totalitätsanspruch auf den Menschen – weswegen im Übrigen Chapoutots Behauptung, Höhn hätte in seinen Wirtschafts- und Managementseminaren in Harzburg „in die Praxis des Wirtschaftskriegs“ (2021: 102, eig. Herv.) eingeführt, eine sprachlich überspitzt formulierte und inhaltlich konstruierte Imitation alten Gedankenguts darstellt.[3]
Die Integration des Mitarbeiters in dem Betrieb beschränkt sich in Höhns Managementkonzept derweil einzig auf die Identifizierung des Arbeitnehmers mit fremdbestimmten, in erster Linie ökonomischen Zielen (Block 1972: 562; Blume & Breuer 1972: 37). Deswegen hat sogar die Zusammenarbeit auf der kollegialen Ebene einen primär sachbezogenen Primat zu folgen (Höhn 1969: 24ff.):
„Die Grundlage für Rahmen und Ausmaß der kollegialen Zusammenarbeit bildet die eindeutige Zuordnung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung in der Stellenbeschreibung und die damit gegebene klare horizontale Abgrenzung der Delegationsbereiche. […] Auch die Zusammenarbeit auf kollegialer Ebene muß also sachbezogen sein. […] Entscheidend ist vielmehr, ob der Betreffende laut Stellenbeschreibung aufgrund seiner eigenen Aufgabenstellung mit den anstehenden Problemen befaßt ist oder nicht“ (Höhn 1972: 624f.).
In letzter Konsequenz führt dies dazu, dass die im Harzburger Modell verortete generalisierte Erwartungsstruktur – und im Übrigen auch die faktische Kontaktstruktur (siehe zur Unterscheidung, Luhmann 1995: 272ff.) – gänzlich anderen Bedingungen folgt, als dies im Rahmen nationalsozialistischer Betriebsstrukturen üblich war.
4. Personenbezogene Führung und formal-hierarchisches Prinzip
In Auseinandersetzungen mit dem Harzburger Modell bildet das Erkennen der angeblichen, zumindest latent verbleibenden Fortsetzung des »Führerprinzips« einen wiederkehrenden Kritikpunkt (so etwa Grunwald & Bernthal 1983: 235). Karsten Trebesch geht mit dieser Behauptung noch einen Schritt weiter und verweist darauf, dass sich die zentrale Position des Führers in jedem Führungsprozess sichtbar macht (2000: 71). Ähnliches geht von dem Rechtswissenschaftler Bernd Rüthers in einer Mailkorrespondenz mit einem ehemaligen Dozenten der Harzburger Akademie, Helmut Borsch, hervor.[4] Rüthers erklärte hierbei, dass Unternehmen in der Gründungszeit der »Harzburger Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft« strikt nach einem hierarchischen Prinzip geführt worden sind, welches sich kaum von denen der SS unterscheiden würde, weswegen Höhn vieles, was er zur NS-Zeit konzipiert hatte, relativ leicht hätte übertragen können.
Aus organisationssoziologischer Perspektive ist dieser Schluss allerdings nicht ganz unproblematisch. Die zentrale Schwierigkeit liegt in dem Umstand, dass schlicht keine Unterscheidung verschiedener Möglichkeiten des Führens vorgenommen wurde und dementsprechend bestehende Unterschiede an entscheidenden Stellen unerkannt geblieben sind. Den im Folgenden beschriebenen Differenzen liegt ein systemtheoretisches Verständnis zu Grunde und betrifft einen zentralen Gesichtspunkt von Organisationen, nämlich die Hierarchie.
In einem strikt hierarchischen Organisationsverständnis lässt sich jeder einzelne Handlungszweck parallel zur innerbetrieblichen Hierarchie konstruieren, sodass jede verantwortliche Stelle ein eigenes Ziel besitzen kann – zumindest unter der Prämisse, dass der jeweilige Zweck auch tatsächlich definiert worden ist (Kühl 2011: 25f.; Luhmann 2016: 72f.; ferner Luhmann 1995: 74f.). Die Funktion dieser formal-hierarchischen Führung liegt in der Koordination der unterstehenden Ebenen (Gruber 2017: 229). Im Harzburger Modell wird dies insofern durch die Stellenbeschreibung vorgenommen, als dass ihr nicht nur die Festlegung, sondern gar die Verschriftlichung jedes einzelnen Ziels obliegt. Sie fungiert also als Norm, auf welcher die Tätigkeit des Stelleninhabers ausgerichtet ist. Gleichermaßen bildet die Stellenbeschreibung die Basis für die in der Organisation anfallenden Aufgaben und Entscheidungen, die der Mitarbeiter im Rahmen seiner Kompetenzen ausführen kann und muss. Deshalb werden im Harzburger Modell keine neuen Stellen geschaffen, sofern deren Zielsetzung nicht im Vorhinein bestimmt worden ist (Höhn 1969: 28f., 176ff.). Auch die Personalselektion beruht in einem solchen, durch die Hierarchie dominierenden Organisationsverständnis exklusiv auf den für die Organisation relevanten Kriterien (Kühl 2011: 26) – sie ist also, wie Höhn (mal wieder) schreibt, sachbezogen, nicht personenbezogen (1969: 26ff.; siehe auch Guserl & Hofmann 1976: 118).
Darüber hinaus werden im Harzburger Modell die gemäß der Formalstruktur festgelegten Kommunikationswege, wie dies im Übrigen kennzeichnend für Organisationen wie (profitorientierte) Unternehmen oder auch öffentliche Verwaltungen ist (Gruber 2017: 226) – um hier die zwei Organisationstypen aufzuzählen, denen Höhn und weitere Harzburger Autoren ihre größte Aufmerksamkeit gewidmet haben –, von der Hierarchie bestimmt (Kühl 2011: 71, 79). Die innerorganisatorisch „legitimen Kontaktpunkte“ (ebd.: 105) werden im Harzburger Modell durch eine Vielzahl an Regelungen für die horizontalen sowie vertikalen Verbindungen zwischen den einzelnen Stelleninhabern festgelegt (siehe etwa Böhme 1972; Höhn 1969: 36ff., 61ff., 225ff., 243ff., 1972: 623). Die Stellenbeschreibung trägt zu der stark ausgeprägten »Versachlichung« der Beziehungen im Unternehmen bei, wie wir schon im vorangehenden Abschnitt erkennen konnten (Höhn 1969: 31, 1972: 524ff.).
Ist die Anerkennung der innerbetrieblichen Hierarchie – samt der damit einhergehenden Zwecke und Kommunikationswege –, um mal eine zwangsläufige Gemeinsamkeit aller Organisationen zu nennen, Teil der formalen Erwartungen und somit per se an die Mitgliedschaft des Einzelnen gebunden (Gruber 2017: 226f., 232; Luhmann 1995: 36, 96ff.), so ist auf dieses Kriterium insbesondere in einer formal-hierarchischen Struktur wie der des Harzburger Modells hinzuweisen. Denn das bedeutet: Unabhängig von allen fachlichen oder zwischenmenschlichen Kompetenzlosigkeiten, die das Führungspersonal besitzen mag, hat ein Mitglied in der beschriebenen Struktur den höheren Rang des Vorgesetzten als Teil der formalen Ordnung zu akzeptieren (Luhmann 1995: 47). Im Harzburger Modell lässt sich somit das Bemühen ausmachen, eine »entpersonalisierte Führung« zu institutionalisieren (Gruber 2017: 228). Für den Vorgesetzten bedeutet dies, dass er zunächst indifferent gegenüber der ihm entgegengebrachten persönlichen Achtung sein kann, weil seine Entscheidungen und Anweisungen durch die formal-hierarchische Struktur abgesichert sind (Luhmann 1995: 96, 2018a: 282ff.).
Analytisch ist dieser auf der hierarchischen Ordnung beruhende strikte Formalismus des Managementkonzeptes deutlich von der in der nationalsozialistischen Betriebsgemeinschaft praktizierten »personenbezogenen Führung« zu unterscheiden (hierzu schon Firkus 2021b). Der Betriebsführer galt in diesem Rahmen als unternehmerischer Alleinherrscher und fungierte als der natürliche Herr des Betriebs, der sich für alle Entscheidungen des Unternehmens, wie auch des Wohls der Belegschaft, verantwortlich zeigen musste (Breisig 1990: 96f.; Jenß 2017: 282; Wagner 2012: 94). Das Gelingen der Führung beruht im Falle einer solchen personenbezogenen Führung also nicht auf einem in Stein gemeißelten Gesetz wie der »Allgemeinen Führungsanweisung«, wie wir sie aus dem Harzburger Modell kennen (Höhn 1969: 320ff.), sondern ist auf die Eigenschaft einer ganz bestimmten Einzelpersönlichkeit zurückzuführen (Gruber 2017: 219, 222; ferner Luhmann 1995: 209): „Der Führer des Betriebes entscheidet der Gefolgschaft gegenüber in allen betrieblichen Angelegenheiten, soweit sie durch dieses Gesetz geregelt werden“ (§2 AOG, zitiert nach Becker 2014: 113). Gemeinschaftsideologie und Führerprinzip standen hier über allem Recht – sie selbst waren das Recht (Teevs 2004: 41).
Die Entscheidungsbefugnis im nationalsozialistischen System lag somit in nahezu allumfassender Weise beim Betriebsführer. In diesem Sinne lässt sich auch die ausschließlich vom Betriebsführer erlassene Betriebsordnung als eine autonome Satzung begreifen (Breisig 1990: 97; Spohn 1984: 44, 49ff., 1987: 547). Die Verbindung zum gemeinschaftlichen Willen und dem Verständnis der Arbeit als Dienst an der Volksgemeinschaft, respektive dessen Orientierung an der Nützlichkeit für die höhere Entität, erfolgte durch die Gleichschaltung bzw. -setzung des Willens der Gefolgschaft mit dem des Führers. Schließlich sei letzterer nicht nur ein weiterer Teil der Gemeinschaft, sondern angesichts seiner positiv herausragenden Gemeinschaftspersönlichkeit ein Vorbild in Können und Wissen und könne gar nicht anders, als im Dienste der Gemeinschaft zu handeln (Höhn 1934: 16f., 32; Jenß 2017: 219f., 284f.; siehe auch Firkus 2021b).
Im Zusammenhang mit den vom Betriebsführer ausgegebenen Regeln war ein angemessenes Handeln in NS-Organisationen gemäß der an den vielen Wertformulierungen orientierten Erwartungen zusätzlich unter Zuhilfenahme der Aspekte einer »informalen Führung« abgesichert (Gruber 2017: 232ff.). Kennzeichnend hierfür sind die vielen Konzessionen zwischen Führer und Gefolgschaft, die nicht offiziell bis ins kleinste Detail vorgeschrieben wurden bzw. werden konnten, trotz deren informalen Charakter aber in engem Zusammenhang mit den formalen Ansprüchen gegenüber der Belegschaft zusammenfielen (ebd.: 233f.). Die Annahme einer außerhalb der Formalordnung bestehenden Loyalität in einer solchen Führungsform deckt sich dabei mit den Ausführungen zu den auf den intensiven Kollegialitätsnormen basierenden Erwartungen und Beziehungen in den nationalsozialistischen Betrieben (siehe hierfür auch Abschnitt 3). Kompetenzeinschränkungen und -beschränkungen sowie eine fernab des Führer-Gefolgschafts-Dualismus liegende Hierarchisierung wurden demgegenüber abgelehnt (Teevs 2004: 102).
Die Zurschaustellung dieser voneinander differenziert zu betrachteten Führungsmodelle wird an dem maßgeblichen Unterschied beider Konzeptionen deutlich, wonach man im Harzburger System prinzipiell davon ausgeht, dass Führung lern- und lehrbar sei (Borkel 1971: 300, 303; Höhn 1969: ix, 1978: 66ff.). Im nationalsozialistischen Gebilde ist dies aber schon allein deswegen nicht möglich, weil der Betriebsführer auf der Grundlage von irrationalen Regeln aus der Gemeinschaft herauswächst (Jenß 2017: 218f., 284; Raguse 2018: 53). Zum Führen musste man, so eine Formulierung des Leiters der »Deutschen Arbeiterfront« Robert Ley, „geboren sein“ (zitiert nach Breisig 1990: 98). Im Gegenteil dazu distanzierte man sich im Harzburger Modell von einer solchen Perspektive explizit mit der postulierten Notwendigkeit der Einführung des kooperativen Führungsstils, welche unter anderem darauf zurückzuführen war, dass ein allein an der Spitze stehender Unternehmer gar nicht mehr in der Lage sein könne, ein Vorbild im Können und Wissen zu sein. Kurzgesagt: Im Harzburger Modell besteht, anders als bei der personalen Führung, ein wesentlicher Unterschied zwischen der hierarchischen sowie der fachlichen Autorität (Kühl 2011: 77, 81ff.).
Eine weiterführende Differenzierung zwischen beiden Konzeptionen erkennen wir darüber hinaus noch im Umgang mit einem möglichen Wechsel der Vorgesetztenposition. Denn während die Neueinsetzung eines Vorgesetzten in der nationalsozialistischen personalen Führung nur schwer möglich, wenn nicht sogar überaus schädlich für die jeweilige Gemeinschaft war (so etwa Höhn 1934: 18f.), lassen sich im bürokratisch-sachlichen Harzburger Modell die personenungebundenen Verhaltenserwartungen, die in Form von Mitgliedsrollen zusammengefasst werden, auch auf andere Personen übertragen. Es mag an vereinzelten Stellen zwar einen Unterschied machen, ob eine Soziologin, ein Betriebswirt oder eine Juristin in die Rolle des Vorgesetzten schlüpft, doch alles in allem bleiben die Verhaltenserwartungen weitestgehend unverändert (Luhmann 2018b: 394f.). Die Verhaltenserwartungen gründen sich im Zusammenhang mit dem Vorgesetzten im Harzburger Modell auf den dafür vorgesehenen Rollen und Programmen, während selbige im nationalsozialistischen System auf die individuelle Führerpersönlichkeit zurückzuführen sind (siehe für eine allgemeinere Unterscheidung auch Luhmann 1987: 85f.).
Das Managementkonzept ist folglich als ein in der formal-hierarchischen Stellenordnung verankertes System zu verstehen, welches die Führung als beabsichtigte sowie zielorientierte Einflussausübung in einem dem Mitarbeiter zur Verfügung stehenden Handlungsrahmen – so klein dieser letztlich sein mag – versteht, um diesen auf die von der Organisation vorgegebenen Ziele und Zwecke zu richten bzw. zu lenken (so etwa auch die Analyse über die »Bauart« des Harzburger Modells von Stefan Kühl, 2021; allgemeiner hingegen bei Gruber 2017: 220, 229). Die Betonung dieser Führungsmethode im Zusammenhang mit dem Harzburger Modell ist dabei deswegen von so großer Wichtigkeit, weil sowohl die im Managementkonzept bestehende Fixierung auf die Zwecke und Ziele als auch die Kommunikationswege erst im Zusammenhang mit einer so strikt ausgelegten Hierarchie funktionieren können.
Dass ein solcher Führungsstil insbesondere mit den internen Rationalitätsvorstellungen kompatibel ist, erscheint einleuchtend (Gruber 2017: 221) – und lässt sich im Harzburger Modell angesichts „der Stärke der Position des Vorgesetzten durch Anweisungen, Richtlinien, Kontrollen und Einzelaufträge“ (von Saldern 2009: 323) bestätigen. Das Harzburger Modell ist keine Fortsetzung der personenbezogenen Führung, also des nationalsozialistischen Führerprinzips, sondern vielmehr eine Variante eines bürokratischen Modells mit „zweckrationale[r] Grundlage“ (Kühl 2021), bei der die Rolle eines menschlichen Wesens als auserkorene Führungspersönlichkeit durch ausführliche Normen ersetzt wird (Blume & Breuer 1972: 34; Reber 1970: 633; ferner auch Grunwald & Bernthal 1983: 235). Bestimmend sind die in dem Managementkonzept gültigen ökonomisch-rationalen Konstitutionen.
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[1] Ein interessantes Beispiel für die Relevanz dieser Sitten bildet die Untersuchung über den ehemaligen Betriebsführer Hans Constantin Paulssen, der in seiner post-nationalsozialistischen Zeit eine wirtschaftsberufliche Reanimation in der Bundesrepublik erfahren hatte (Rau-Kühne 1999: 166ff.). Paulssen, der nach der Kapitulation zurück in seinen ehemaligen Betrieb kommt, stellt fest und beklagt zugleich eine „kaum erträgliche Atmosphäre an Stelle der bisher im Werk üblich gewesenen Gemeinschaft“. Er moniert die völlige Interessenlosigkeit der Kollegen über die vor Ort „so schön ausgebildeten Institutionen der Freizeitgestaltung“ (Paulssen 1945-1948: 18, 35, 40, zitiert nach Rau-Kühne 1999: 172).
[2] Soziologisch lässt sich an dieser Stelle von der Fixierung der Kommunikationswege in die Hierarchie der Organisation sprechen (Kühl 2011: 105f.). Ich komme im vierten Abschnitt nochmal etwas genauer darauf zu sprechen.
[3] Eine kritische Rezension zu Chapoutots Werk von mir erscheint demnächst auf der Plattform Soziopolis.
[4] Die Rekonstruktion des Mailwechsels geht aus dem privaten Nachlass Höhns hervor (Bundesarchiv Freiburg, Abteilung Militärarchiv (BArch, N 936/19, Nachlass Höhn). Borsch erkundigt sich am 25.10.2001 bei Rüthers, wo genau dieser, ebenso wie auch Herr Kieser, den historischen Zusammenhang zwischen Führerprinzip in der SS und der Harzburger Führungslehre sehen würde, weil beide Autoren in vorherigen Publikationen darauf aufmerksam gemacht hätten. Im Falle Kiesers ist vermutlich eine frühere Auflage seines Buchs über Organisationstheorien gemeint – siehe Kieser 2006: 131.
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Der vorliegende Aufsatz ist ein Text aus der mehrteiligen »Harzburger Reihe« auf „sozialtheoristen.de“, in der sich ein Forschungsteam der Uni Bielefeld aus einer organisationssoziologischen Sicht mit dem sogenannten »Harzburger Modell« beschäftigt, dem verbreitetsten Managementkonzept in der deutschsprachigen Unternehmenslandschaft der 60er und 70er Jahre. Kontrovers war und ist in der Debatte über das Harzburger Modell vor allem dessen Begründer, Reinhard Höhn (1904-2000), einstmalig SS-Oberführer und Heinrich Himmlers »Kronjust«. Das Forschungsteam beschäftigt sich mit zwei zentralen Fragen: Zum einen wird die langanhaltende Diskussion aufgegriffen und soziologisch reinterpretiert, welche Kontinuitäten und Brüche sich zwischen der im Nationalsozialismus dominierenden Gemeinschaftsideologie sowie dem späteren Harzburger Modell finden lassen. Zum anderen interessieren die Funktionen und Folgen der Implementierung des Harzburger Modells in solche Organisationstypen, für die das Managementkonzept zumindest ursprünglich nicht entwickelt wurde.