Kategorie: Politik
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Wie man sich Verwaltungen gefügig macht
Strategien zur Gleichschaltung staatlicher Organisationen Das Politiker versuchen, über Verwaltungen ihren Willen durchzusetzen, ist erst einmal nichts Überraschendes. Schließlich ist das Grundkonzept jedes modernen Staates, dass Politiker die Verwaltung als Instrument einsetzen, um ihr durch politische Wahlen legitimiertes Programm durchzubringen. Das professionelle Selbstverständnis einer Verwaltung besteht darin, ihre Entscheidungspraxis flexibel an sich verändernde politische Vorgaben…
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Die Bürokratie als Sündenbock
Rezension zu Hinterleitner, Markus (2025): Blaming Bureaucracy. Reckoning with a Problematic Political Activity. Oxford: Oxford University Press. Kurz vor der Bundestagswahl versprach Friedrich Merz auf dem Deutschlandtag der Jungen Union, dass er das „Monster Bürokratie“ zähmen werde. Als Bundeskanzler werde er „wirklich, endlich“ Schluss machen mit der „überbordenden Bürokratie“ in Deutschland. Mit seiner Wahl, so…
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Experimente in Demokratie
Re-Education, angewandte Sozialpsychologie und Gruppendynamik in der frühen Bundesrepublik von Oliver König (Psychosozial-Verlag 2025) Eine Rezension von Stefan Kühl Der US-amerikanische Psychiater Richard M. Brickner beschreibt als typische Merkmale einen ausgeprägten Verfolgungswahn, einen pathologischen Hang zum Größenwahn, ein übertriebenes Machtstreben und eine Tendenz, die eigene Geschichte so zu verfälschen, dass die Anwendung von exzessiver Gewalt…
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Wie man aus Nationalsozialisten Demokraten gemacht hat –
Die Funktion eines Beschweigens der Vergangenheit Spätestens Mitte der 1950er Jahre musste „niemand mehr befürchten, wegen seiner NS-Vergangenheit von Staat und Justiz behelligt zu werden“. Angeheizt von den „vergangenheitspolitischen Forderungen der rechten Kleinparteien“ hätte, so die Einschätzung des Historikers Norbert Frei, eine „Allparteienkoalition“ des Bundestages, die „nach der Kapitulation aufgezwungene individuelle Rechenschaftslegung“ beendet. Fast alle…
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Verwaltung – eine (zu) einfache Perspektive
von Stefan Kühl und Philipp Männle Wenn man sich die Organisationshandbücher von Verwaltungen anschaut, dann scheinen diese einem simplen Schema zu folgen. Zu Beginn wird der von der Politik vorgegebene Zweck der jeweiligen Verwaltung dargestellt und das Regelwerk als Hilfsmittel zu deren Erreichung präsentiert. In dem häufig nur noch digital angelegten „Handbuch“ werden die Zuständigkeiten…
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Die Schwierigkeit, Nationalsozialisten zu Demokraten zu machen
Die Geschichte der frühen Bundesrepublik ist deswegen spannend, weil in der Nachkriegszeit Millionen von überzeugten Nationalsozialisten ihre Einstellungen und ihr Verhalten so änderten, dass sie sich nicht nur mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung arrangierten, sondern nicht selten auch an zentralen Stellen in Politik, Recht, Wissenschaft, Wirtschaft und in den Massenmedien zu ihrer Stabilisierung beitrugen. So wie…
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Von der Verklärung der Informalität zur Hoffnung auf Formalität
Zur grundlegenden Umstellung einer Führungskonzeption Nach dem Niedergang des NS-Staates war unklar, welche Führungsmodelle in der Bundesrepublik Deutschland als akzeptabel angesehen werden würden. Das klassische autoritäre Führungsmodell hatte an Akzeptanz verloren, aber es war unklar, welches Modell die an die Idee der Gemeinschaft angelehnte Führungskonzeption der Nationalsozialisten ablösen würde. In dieser Situation bot Höhn mit…
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Die Wiederkehr des Gemeinschaftsgedankens in der Debatte über die Organisationskultur
Nachdem in der frühen Bundesrepublik auf formale Steuerung abzielende Konzepte im Managementdiskurs dominierten, erlebte die informale Steuerung ab den 1970er Jahren im Rahmen der Debatte über Organisationskultur eine Renaissance. Bei der Propagierung der Organisationskultur als Erfolgsfaktor wurden Vorstellungen von Gemeinschaft reaktiviert, die schon in der Idee der Werksgemeinschaft in der Weimarer Republik und später im…
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Über die überraschende Ähnlichkeit zweier Managementkonzepte
Was Peter F. Druckers „Management by Objectives“ mit Reinhard Höhns „Führung im Mitarbeiterverhältnis“ gemeinsam hat In allen bekannteren – und meist mit Neuigkeitsanspruch vorgetragenen –Managementkonzepten werden Organisationsprinzipien verwendet, die bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts sowohl durch theoretische Ausarbeitungen als auch durch praktische Experimente bekannt sind. Schon vor über hundert Jahren wurde mit strikt hierarchisch…
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Die autoritäre Führung in Abgrenzung zum kooperativen Führungsmodell
Managementmodelle sind darauf angewiesen, sich als etwas Neues zu präsentieren. Wird ein Managementkonzept lediglich als konsequente Fortsetzung bereits bestehender Konzepte dargestellt, erregt es nicht die nötige Aufmerksamkeit. Neue Modelle sind deswegen gezwungen, sich gegenüber den Konzepten zu positionieren, die vorher in Organisationen propagiert wurden. Integrative organische Organisationsmodelle werden mechanischen, segmentierten Organisationsmodellen gegenübergestellt; innovative, wandlungsfähige Organisationskonzepte…
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Die Dauerkritik an der Bürokratie lässt das Vertrauen in den Staat erodieren.
Schlank, kooperativ oder handlungsfähig soll der Staat endlich wieder sein: Die Kritik an der Bürokratie ist so alt wie die Bürokratie selbst. Sie hat verheerende Effekte Die Beschwerde über zu viel Bürokratie ist zu einem post-modernen Äquivalent der Klage über schlechtes Wetter geworden.[1] Die Kritik hat sich dabei kaum verändert. Die „Bürokratie“, so die regelmäßig…
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Die Wiederentdeckung der Hierarchie in der Nachkriegszeit
Der Wandel von Führungskonzepten vom Nationalsozialismus zur Bundesrepublik Deutschland Während der NS-Zeit dominierte die Vorstellung, dass sich die Führungsfrage wie von selbst aus der Gemeinschaft ergebe. Führer sei, so der Staatsrechtler Reinhard Höhn zu Beginn des NS-Staates, derjenige, „der, aus der Gemeinschaft gewachsen, am stärksten die Gemeinschaftsgehalte in sich“ trage und „für die Gesamtheit richtungsgebend“…
