Ein leicht zu kritisierender Text zu einem schweren Thema

Folgender Text hat zwar ein Thema und eine Frage, darüber hinaus aber eher Sammelsuriumscharakter… Es geht um die Frage, wie denn die Kommunikation, und nur sie, kommunizieren kann, obwohl ihr die Fähigkeit fehlt zu Prozessieren. Ich möchte darstelle, dass die Kommunikation weder über ein Gedächtnis noch über einen „Arbeitsspeicher“ verfügt. Auf beides ist sie jedoch angewiesen. Frage: Kompensiert sie diesen Mangel durch Leistungsbeziehungen zu den strukturell gekoppelten psychischen Bewußtsein(plural)?

Dieser Satz: „Der Mensch kann nicht kommunizieren, nur die Kommunikation kann kommunizieren.“ aus „Wissenschaft der Gesellschaft“ (Seite 31) wird erschreckend oft nachgeplapert, ohne dass dabei wirklich geklärt wird, werden kann, was er bedeutet.

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Was nicht passt, wird passend gedacht.

Uni-Seminare haben ja die große Eigenart auszuufern. Dass das aber nicht das Problem sondern die Lösung für Verständnis ist, wird meistens übersehen. Man muss zwar Themen portionieren, sequenziell vorgehen und pragmatisch Grenzen festlegen. Von dieser Vorgehensweise sollte man sich jedoch nicht vorgaukeln lassen, dass der gefasste Plan der beste und die Abweichung von ihm kontraproduktiv sei. Zu Seminaren gäbe es bestimmt Interessantes zu finden, die folgenden Textstellen zu Texten lagen aber gerade parat. Daher, hier ein paar Begründungen und Sichtweisen von Luhmann, weshalb es an prägnanten Stellen sinnvoll ist, gerade keine Lehrbücher zu schreiben oder zu lesen. Weiterlesen →

Sprechstundenproblemchen

Warum gehen viele Menschen eigentlich so ungerne in Sprechstunden? Sei es die Konsultation eines Arztes, der Besuch beim Bürgeramt oder die die Beratung beim Professor, alle Situationen haben eins gemein: Sie sind unbefriedigend. Und zwar für beide Seiten, für denjenigen der die Sprechstunde anbietet und für die Person, die in die Sprechstunde kommt. Der Grund für die unbefriedigende Situation liegt darin, dass hier Routine die Interaktion einseitig determiniert und damit stört. Warum nur kann man sich damit nicht abfinden? Weiterlesen →

Zur Dynamik der Wissensgesellschaft

Oder: die Mythen der Bildungsforschung

Ich werde niemanden damit überraschen, wenn ich schreibe, dass wir in einer Wissensgesellschaft leben, deren gesellschaftlicher, organisationaler und individueller Wandel immer schneller voranschreitet und in der wissensbasierte Qualifikationen und lebenslanges Lernen von höchster Priorität sind, um den mehrdimensionalen Wandel nicht nur zu bewältigen, sondern auch gestalten zu können. Jeder kann und darf unhinterfragt behaupten, dass wir es mit einer dynamischen Wissensgesellschaft zu hätten. Die fraglose Verbreitung dieser beiden gesellschaftlichen Mythen überrascht mich allerdings jedes mal aufs Neue. Wer oder was ist denn die „Wissensgesellschaft“ und wo ist der Tacho, auf dem man die zunehmende Geschwindigkeit des gesellschaftlichen Wandels ablesen kann?

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Das Technologiedefizit des Wirtschaftssystems

Es gibt keine Ursache für die aktuelle Finanzkrise. Es gibt auf jeden Fall eine Finanzkrise, die sich zur weltweiten Wirtschaftskrise ausdehnt und es gibt gut ebenso angebbare Gründe für das Zusammenbrechen des Finanzsystems, seien es unfassbar große Lügen oder unfassbar große Gier.  Aber es gibt keine Ursache für den Kollaps. Und damit gibt es auch keine Lösung für das Problem. Begreiflich wird dieser Umstand erst, wenn man die aktuelle Finanzkrise vor dem Hintergrund des Technologiedefizits des Wirtschaftssystems betrachtet.

Der Begriff des Technologiedefizits wurde von Niklas Luhman und Karl E. Schorr entwickelt, um die Unmöglichkeit planbarer Einwirkung auf menschliche Entwicklungs- und Bildungsprozesse durch erzieherische Maßnahmen darzustellen. Der Begriff wird daher meist in der Pädagogik, bzw in der Analyse des Erziehungssystems verwendet, obwohl ihm ein – wie für die Systemtheorie typisch – allgemeiner Gedankengang vorausgeht, der alle sozialen Systeme betrifft und bestens auf den Zusammenbruch der Finanzmärkte angewendet werden kann.

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Wirtschaft und Wissenschaft – das passt nicht! (update)

Wenn ich einen wissenschaftlichen Text lese, beginne ich nach dem Titel mit dem Inahltsverzeichnis, dass gibt den ersten thematischen Überblick. Als zweites folgt der Blick in die angegebene Literatur, dies gibt Aufschluss über den Kontext der Studie, die Autoren und den Inhalt. Als drittes folgt das Lesen des ausgewiesenen Abstracts, durch das sich letzlich klärt, ob ich in den Text der Arbeit selbst einsteige.

Heute morgen verwies mich meine Morgenlektüre auf eine wissenschaftliche Studie, in der angeblich behauptet wird, dass der Hartz IV Monatssatz im Vergleich zu seinem Ziel, der Grundsicherung, zu hoch bemessen sei. Man könne dieses Ziel auch mit Monatssätzen von 132 Euro für Erwachsene und 79 Euro für Kinder erreichen.

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Soziologische Stilblüten (II)

Wenn es richtig ist, daß das menschliche Erkennen sich aus praktischen Notwendigkeiten entwickelt hat, weil das Wissen des Wahren eine Waffe im Kampf ums Dasein ist, sowohl gegenüber dem außermenschlichen Sein wie in der Konkurrenz der Menschen untereinander – so ist es doch an diese Herkunft längst nicht mehr gebunden, und ist aus einem bloßen Mittel für die Zwecke des Handelns selbst zu einem endgültigen Zwecke geworden.

Simmel, Georg (1908): Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. Gesamtausgabe Band 11, hg. von Otthein Rammstedt, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1992. S. 13.

Imperien?

Taugt der Begriff des Imperiums eigentlich noch für die Analyse gegenwärtiger (Welt-) Politik? Herfried Münkler hat dazu im Jahr 2005 eine Studie vorgelegt, im Rahmen derer er auslotet, was der Begriff für die politiktheoretische Analyse leisten kann. In historischer Perspektive kommt er zu dem Schluss, dass das heutige Europa nicht ohne Anleihen beim Ordnungsmodell „Imperium“ auskommen wird, will es trotz interner Vielfalt sein Gewicht in weltpolitischen Fragen geltend machen. Kurz: Münkler hält den Begriff des Imperiums politiktheoretisch für anschlussfähig, um Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage der Weltgesellschaft zu gewinnen.
Diese Sicht teile ich nicht, zumindest nicht auf der Grundlage seiner Studie. Die begriffliche Bestimmung von Imperien weist zu viele Ungereimtheiten auf. Insbesondere der von Münkler in Anschluss an Michael W. Doyle verwendete Begriff der „augusteischen Schwelle“ verdeutlicht Inkonsistenzen in der Darstellung. Weiterlesen →

Soziologische Begriffs(er)findung II: Rehalität

Eigentlich ist es ganz einfach. Wir Menschen haben Sinne, die wir benutzen um uns einen Eindruck von der Welt zu machen. Die entstehenden, erhaltenen Erkenntnisse bringen wir mit dem Begriff „Realität“ auf den Punkt. Dieser Begriff ist jedoch nicht ganz ausreichend, um auf einem etwas höherem Niveau, auf dem Perspektiven eine Rolle spielen, zu bezeichnen was gemeint ist.

In unserer Welt, die in beinah allen Belangen auf die Beobachtung zweiter Ebene abgestellt hat, in der wir also Beobachter beobachten und dabei mitbeobachten, dass es sich bei den Beobachtungen eben um Beobachtungen handelt, die auch anders hätten ablaufen, anderes hätten beobachten oder gleiches anders hätten beobachten können, kommen wir schnell zu dem Schluss, dass es eine Realität eigentlich nicht gibt.

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Soziologische Begriffs(er)findung I: Somantik

Die Soziologie braucht mehr eigene Begriffe! Die Gründe dafür sind schnell aufgezählt: 1. Fachbegriffe können unvoreingenommen benutzt werden, da sie nicht schon alltägliches bezeichnen von dem sie erst unterschieden werden müssen. 2. Fachbegriffe sorgen für erhöhten Erfolg von Anschlusskommunikation. Nervige Begriffsauslegungsdiskussionen können so vermieden werden. Die soziologischen Schulen können so besser auseinander gehalten werden. Das führt zwar zu weiteren Diversitäten, was „Soziologie“ als Ganzes betrifft, die einzelnen Schulen können sich so aber mehr auf sich selbst konzentrieren. 3. Fachbegriffe ermöglichen Fachchinesisch und erzeugen so Bewunderung und Anerkennung der Wissenschaft und ihrer Wissenschaftler. ;-)

Los gehts mit dem Begriff „Somantik“, einer Begriffssynthese aus „Semantik“ und „Somatik“:

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Legitimation durch Verfahren (Niklas Luhmann, 1969)

REZENSION

Die 1969 erschienene Monographie Legitimation durch Verfahren von Niklas Luhmann gehört zu den Werken deutschsprachiger Soziologie, die nicht ohne Grund als „Klassiker“ der soziologischen Disziplin angesehen werden
Das Buch gliedert sich in einen ersten Teil, der die theoretischen Grundlagen des Verfahrens darlegt, zwei anschließende Teile, die die vorgestellten Grundlagen am Beispiel von Gerichtsverfahren und politischen Verfahren anwenden und einen abschließenden Teil, der Folgerungen und Erweiterungen der vorgestellten Analysen enthält. Weiterlesen →

Democracy (Charles Tilly, 2007)

REZENSION

Die Demokratie. Ein großes Thema für 200 Seiten Text in acht Kapiteln, die der im April 2008 verstorbene Charles Tilly ein Jahr zuvor vorgelegt hat. Er zieht mit diesem Buch eine auch für interessierte Leser außerhalb der Wissenschaft gut lesbare Bilanz seiner jahrzehntelangen Forschung über die Entstehung moderner Gesellschaften. Sein besonderes Augenmerk lag auf sozialen Bewegungen und Contention: „Streit“. Er prägte damit nicht zuletzt einen konflikttheoretischen Strang der politischen Soziologie mit. Weiterlesen →