Warum die Suche nach Gründen für das Attentat in Norwegen gesellschaftlich nicht weiterhilft.
Immer noch ist das Attentat in Norwegen eines der großen, massenmedialen Gesprächsthemen. Viele Artikel drehen sich um die Fragen, die gestellt werden müssen und nicht gestellt worden sind, oder aber man fragt konkreter, was man der Rationalität des Tötens wie wir es in Norwegen beobachten konnten, entgegensetzen kann. Fast durchgehend kann man in diesen Artikeln aber eine grundsätzliche Paradoxie beobachten, die sich aus zwei Antagonismen speist: zunächst kann man sich eine Tat, wie sie in Norwegen verübt wurde, nicht erklären, ohne zu vermuten, Andreas Breivik sei geistesgestört, oder aber leide zumindest an einer starken Form der Realitätsverzerrung. Automatisch aber evoziert diese Feststellung die Frage, ob ein Geistesgestörter überhaupt in der Lage ist, ein Attentat diesen Ausmaßes so präzise zu orchestrieren wie es geschehen ist. Die Feststellung der Geisteskrankheit scheint eine Tat wie wir sie beobachten mussten, automatisch auszuschalten. Und es scheint diese paradoxale Anlage des Attentats zu sein – seine strikte Verweigerung sich Kategorien wie bspw. Geisteskrankheit konsistent subsumieren zu lassen -, die den wildwuchernden Erklärungen, die man immer noch täglich lesen kann, Tür und Tor öffnet. Da es offensichtlich keine zufriedenstellende Antwort gibt, kann jeder fröhlich drauf los raten, was wohl der Grund für das Attentat sei. Und man kann hier wohl einigermaßen sicher davon ausgehen, dass das Attentat instrumentalisiert wird. Innenpolitische Hardliner verlangen eine Verschärfung von Überwachungen im Internet, eine Einschränkung des Waffengesetzes, den Verbot von Ego Shootern, etc. Experten können wiederum Geld verdienen, in dem sie in Gastbeiträgen oder Fernsehauftritten das, was sowieso jeder weiß, schreiben – aber mit dem Etikett „Experte“ verziert.
Weiterlesen →