Neue soziale Normen oder neue soziale Netzwerke?

Was Mark Zuckerberg verrät: Dass er im Zentrum eines Netzwerkes steht, wie jeder andere Mensch. Aber Facebook weiß mehr, erklärt das Wissen über das Privatleben anderer sogar zur neuen sozialen Norm, und behält es doch wieder als Geheimnis für sich.

Große IT-Konzerne wie Google, Facebook oder Amazon sind nicht nur dafür bekannt, bekannte und beliebte Produkte herzustellen. Sie produzieren ebenso Zitate, die nicht sonderlich beliebt sind und wohl gerade deswegen sehr bekannt gemacht werden. Von Googles Eric Schmidt ist bekannt, dass man, was man nicht über sich im Internet sehen wollte, vielleicht gänzlich unterlassen sollte. Von Mark Zuckerberg ist bekannt, dass Privatsphäre nichts anderes sei als eine überholte soziale Norm. Die Chefstrategen sind sich einig, doch stimmt auch, was sie sagen?

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Ist Datenschutz Gedankenkontrolle?

Der obige, einminütige Ausschnitt der gestrigen Twig-Folge ist schon recht aussagekräftig, die ganze Sendung lässt sich hier nachsehen. Aber – um etwas vorsichtig an Jeff Jarvis Aussagen heranzutreten, das EuGH-Urteil bedeute „Gedankenkontrolle, Tyrannei und Propaganda“ – sacht gefragt: Hat er recht?

In einem Punkt schon. Das Urteil des EuGH ist nämlich in der Tat nicht einfach eine Ermächtigung eines Bürgers, in Googles Ergebnisliste eingreifen zu dürfen, wenn die Achtung auf den Schutz seiner Privatsphäre betroffen ist. Tatsächlich lässt sich über das Urteil nämlich auch folgendes sagen: Die Richter haben entschieden, dass Google nicht mehr die einzige (juristische) Person ist, die darüber entscheiden darf, wie die Suchergebnisse aussehen.

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Journalisten jenseits ihrer Grenzen

Glenn Greenwald, Journalist

Die Digitalisierung ist eine ganz harte Sache. Da führen sich die Hauptdarsteller weicher Professionen, beispielsweise Journalisten, schon mal selbst in die Irre. “Kann jemand gleichzeitig Journalist und Aktivist sein?” (Quellenangabe später) Oder, anders: Wie genau lässt sich Berichterstatterarbeit produktiv gestalten, wenn man sich bei den Ansprechpersonen zur Digitalisierung nur zwischen schweigsamen Unternehmen und geheimen Behörden entscheiden kann; über kurz oder lang also an Aktivisten gerät, die ihrerseits plötzlich nicht nur Digitalisierung erklären, sondern auch, was es mit der Schweigsamkeit und Geheimniskrämerei der eigentlichen Gestalter auf sich hat.

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Wer bürgt für unsere digitale Identität?

Facebook kennt alle Menschen auf der Welt, sogar diejenigen, die selbst keinen Facebook-Account mehr haben. Aber wohin soll Facebook als nächstes wachsen? Was soll es mit dem Wissen anfangen?

Als Mark Zuckerberg in der vergangenen Woche vor Entwicklern über das kommende Jahrzehnt von Facebook sprach, führte der Erbauer seines ärgsten Konkurrenten, Google Plus, Bewerbungsgespräche. Vic Gondutra hatte eine Woche zuvor Google verlassen, wiederum einen Tag nachdem Facebook Rekordzahlen verkündete: 1,23 Milliarden aktive Nutzer bedeuten 160 Milliarden Dollar Unternehmenswert. Auf Facebook tobt das Leben. Google Plus dagegen gilt als Geisterstadt. Doch das so einheitliche Bild, das Beobachter daraus ableiteten, ist nicht vollständig, geschweige denn richtig. Mark Zuckerberg weiß, dass das Wachstums seines Unternehmens, anders als Googles, in Amerika an ein Ende gelangt ist. Deswegen hat er höheres, geradewegs Hoheitliches vor.

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Analoges Vertrauen durch digitales Verständnis

Die fiese Fratze der maschinenlesbaren Zeichen. Was wäre, wenn es keine Grenze zwischen Software und Literatur mehr gäbe?

Wenn Harald Welzer sagt, Vertrauen bleibe analog, auch und gerade in der digitalen Gesellschaft, können wir ihm zustimmen. Man kann nicht auf viel Sicherheit in der digitalen Kommunikation setzen, wenn man sich nicht wenigstens ein Mal tatsächlich von Angesicht zu Angesicht getroffen habe, sagt der mit der Materie vertraute Denis Ahrens. Seit Jahren führen sicherheitsbewusste Menschen daher neben Bargeld auch ihren PGP-Fingerprint mit sich, um ihn auf Papier weiterzugeben.

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Flaches Design mit ganz viel Tiefe

Microsoft: In der Zeitung lässt sich noch blättern, Sinn hat es allerdings nicht.

Die Zukunft wird eine verrückte. Es wird noch Zeitungen geben, sie werden sogar aus Papier sein – nur so verwegen, das gedruckte Wort für sich und für immer stehen zu lassen, wird niemand mehr handeln. Die an ihrer Anmut sofort als solche erkennbare Zeitung wird zum Bildschirm werden, wie die Kaffeetasse, die Fenster, jede Tischplatte und überhaupt alles auch schon welche sind. Was für den Leser Annehmlichkeiten bedeutet – er muss immerhin nie wieder umblättern -, wird auch für die Redaktionen ein Segen sein: Endlich passt alles auf Seite 1.

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Das Internet hat keine dunklen Ecken

Der Bundestag streitet kontrovers darüber, ob Abgeordnete offiziell mit Edward Snowden sprechen dürfen. Der Europarat hat ihn in dieser Woche in einem ruhigen und aufschlussreichen Gespräch vernommen.

Bevor Edward Snowden am Dienstag vor dem Europarat darüber sprach, dass die NSA dem Terror unverdächtige Organisationen und Personen überwacht – beispielsweise den Children‘s Fund der Vereinten Nationen oder Anwälte, die für Amerika Handelsabkommen verhandeln – verlas er eine Mitteilung, die ihm offenbar seine Anwälte geschrieben hatten. In ihr stellte er heraus, dass er sich mit seinem Handeln im Rahmen der amerikanischen Verfassung bewege. Es sei gerade sein Ziel, Schaden von Amerika abzuwenden. Zu dieser Strategie gehört, nicht selbst über die Enthüllungen zu entscheiden, sondern diese Selektionen von Journalisten vornehmen zu lassen. Details seien von ihm nicht zu erwarten, nicht weil er keine habe, sondern weil es nicht seine Aufgabe sei, sie weiterzugeben.

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Die Wirklichkeit der Metadaten

Der Vize und sein Präsident. Als Amtsanwärter haben Joe Biden und Barack Obama die Metadatenanalysen der Telefonüberwachung verteufelt. Im Amt loben sie die Verheißungen dieser angeblich rechtskonformen Ermittlungsarbeit. Wer lügt, lässt sich dennoch nicht so einfach sagen.

Der Begriff ist in der Tat ein Mysterium. Was soll ein Metadatum schon sein? Gerade das Big-Data-Zeitalter lehrt doch, dass alle Daten per se gleichwertig sind, bis Analysen zeigen, was sie unterscheidet, was sie wichtig oder unbedeutend macht, welchem Kontext sie zuzuordnen sind oder als wie neutral und wahrhaftig sie gelten können.

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Die weltweit beste Popmusik aller Zeiten

„Laserkanonaden, Kulissenparaden und Lautsprecherexplosionen“ sind was für Loser, die große Bühne aber ist zeitgemäß: Emeli Sande in der Royal Albert Hall

Bei Deutschland sucht den Superstar war heute ein junger Mann, der leider nicht nur kein Talent im Gepäck hatte, sondern auch kein tragisches, ausbeutbares, persönliches Schicksal. Worum ging es also in den zwei Minuten, die jeder Depp, der vor Dieter Bohlen vorstellig wird, publikumskompatibel zu bewältigen hat: Er erzählte von dem Schicksal des Jungen, den er als Zivildienstleistender betreute. Ach was, er erzählte davon; richtiger wäre: er nutzte – angeleitet von RTL oder welchen Produktverantwortlichen auch immer – das Schicksal dieses Jungen, der im Rollstuhl sitzt und kaum in der Lage ist zu sprechen, aus, indem er ihn auch noch vor die Kamera holte, damit auch alle verstanden, wie traurig die Geschichte ist, die er sich da kurz mal ausborgte.

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Was die Älteren so denken

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„Ob man mit ihnen über Demokratie, Gesetze oder allgemeine Politik spricht, im Vergleich zu den jüngeren, sind ältere Heranwachsende besser informiert, sie haben einen weiteren Blick auf schwierige Sachverhalte und — was bereits ihre höheren integrativen Komplexitätswerte anzeigen — sie verfügen über die Fähigkeit, unterschiedliche Perspektiven miteinander zu vereinbaren.“ Zu dieser hochtrabend formulierten aber nichtssagenden Einsicht kommt die amerikanische Entwicklungspsychologin Constance Flanagan am Ende eines Buches, in dem sie sich mit jungen Menschen beschäftigt, die schon viel von der Gesellschaft verstehen, aber noch zu jung sind, an Wahlen teilnehmen zu dürfen.

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Emanzipation, ja! Aber nicht immer nur die der Frauen

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Im Grunde, da will ich mich gar nicht drüber beschweren, habe ich nichts gegen das gängige Unvermögen von Menschen – von dem ich auch betroffen bin – die Welt so zu sehen, wie sie ist, sodass man möglichst wenig ins Stolpern gerät. Es ist schließlich, so empfinde ich es, ehrenvoll, ständig nicht nur des Namens, sondern auch der Person beraubt zu werden, wenn an deren Stelle der gute Name der F.A.Z. stehen kann. So läuft es, es ist tatsächlich egal, was man schreibt. Es geht, wenn darüber gesprochen wird, immer darum, was die F.A.Z. sagt, denkt und plant. Gegen diesen Modus der Beobachtung habe ich absolut nichts einzuwenden.

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