Das Internet hat keine dunklen Ecken

Der Bundestag streitet kontrovers darüber, ob Abgeordnete offiziell mit Edward Snowden sprechen dürfen. Der Europarat hat ihn in dieser Woche in einem ruhigen und aufschlussreichen Gespräch vernommen.

Bevor Edward Snowden am Dienstag vor dem Europarat darüber sprach, dass die NSA dem Terror unverdächtige Organisationen und Personen überwacht – beispielsweise den Children‘s Fund der Vereinten Nationen oder Anwälte, die für Amerika Handelsabkommen verhandeln – verlas er eine Mitteilung, die ihm offenbar seine Anwälte geschrieben hatten. In ihr stellte er heraus, dass er sich mit seinem Handeln im Rahmen der amerikanischen Verfassung bewege. Es sei gerade sein Ziel, Schaden von Amerika abzuwenden. Zu dieser Strategie gehört, nicht selbst über die Enthüllungen zu entscheiden, sondern diese Selektionen von Journalisten vornehmen zu lassen. Details seien von ihm nicht zu erwarten, nicht weil er keine habe, sondern weil es nicht seine Aufgabe sei, sie weiterzugeben.

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Die Wirklichkeit der Metadaten

Der Vize und sein Präsident. Als Amtsanwärter haben Joe Biden und Barack Obama die Metadatenanalysen der Telefonüberwachung verteufelt. Im Amt loben sie die Verheißungen dieser angeblich rechtskonformen Ermittlungsarbeit. Wer lügt, lässt sich dennoch nicht so einfach sagen.

Der Begriff ist in der Tat ein Mysterium. Was soll ein Metadatum schon sein? Gerade das Big-Data-Zeitalter lehrt doch, dass alle Daten per se gleichwertig sind, bis Analysen zeigen, was sie unterscheidet, was sie wichtig oder unbedeutend macht, welchem Kontext sie zuzuordnen sind oder als wie neutral und wahrhaftig sie gelten können.

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Die Krise Europas im Spiegel der Zeit

Finnland, so berichtet Spiegel Online heute, bereitet sich auf den Kollaps der Eurozone vor. An und für sich keine neue Nachricht, da sich die Möglichkeit eines Zusammenbruches der Eurozone seit Monaten am europäischen Horizont abzuzeichnen scheint.

Dennoch lässt sich an dieser kurzen Nachricht ein Prinzip nachzeichnen, mit dem die Politik kontinuierlich zu kämpfen hat. Ein Prinzip aber, das Zeit benötigt, um erläutert zu werden.

Wir erleben aktuell jeden Tag, dass das Ende der Eurozone heraufbeschworen wird. Ein Szenario, das, schenkt man den Wirtschaftswissenschaftler Glauben, nicht nur unglaublich teuer wäre, sondern darüber hinaus auch sämtliche Erwartungen einer geordneten Zukunft gegenüber zerstören würde. Man müsste neu anfangen: sich neue politische Fixpunkte suchen, neue Allianzen eingehen, hoffen, dass die Einführung der alten neuen Währungen nicht Im- und Exportquoten pulverisieren, usw. – und nichts davon wäre durch vorhandene Erfahrungen mit vergangenen Ereignissen gedeckt. Aufgrund dieser Unbekanntheit lehnt die Mehrzahl der Politiker das Risiko eines Endes des politischen Europas ab. Und dies äußert sich im Handeln, die Krise zu vermeiden.

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Ließe sich alles retten? Schon morgen!?

Das Nachdenken über den Staat wird ja heutzutage etwas erschwert. Überall steht geschrieben, der Staat solle Banken retten, Hauptschulen und Atomkraftwerke abschaffen und, sofern er sich in der Lage sieht, Olympische Spiele veranstalten. Wenn man von diesen Luxusproblemstellungen absieht, die die Moderne dem Staat aufbürdet, bleibt von der Institution Staat ein zweiseitiges Prinzip übrig: Er soll soziale Ordnung garantieren in dem er individuelle Freiheit einschränkend und absichernd reguliert. Die Phänotypen dessen sind das Steuerrecht und das Strafrecht.

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Too fast for Love – Systems theory´s Mimicry

Systems theory is, doubtless, a controversial and contentious field of sociological theory-building. Nonetheless or rather because of it, the theory seems to, to a surprisingly great extent, attract critics – may that be critique uttered by social scientists or students. The matter by itself is, of course, not actually surprising as science is based upon the ongoing process of criticizing the work of others. What, indeed, stuns is the quality of most of the critiques – or better: the lack of quality most discussions are characterized by and their willingness to abide by this standard – if that.

In the course of time one happens to grow accustomed to the fanciest critiques. They range from “where is the subject/ actor” to “oh, way too complicated”. The favorite is for sure: no one outside of Bielefeld uses Luhmann. All this stuff is ideally suited to make an earnest observer crack up. And, by the way, it doesn´t really matter if the critique comes from most scientific articles or is uttered in a seminar: the bottom line is always the same. Let´s just take this classic regional thing: one tends to the assertion that the analytical value of a theory doesn´t depend upon its regional use – especially not of the use in or outside of Bielefeld. Obviously, for some obscure reasons, this just doesn´t seem to be right for the users of the regional argument… Incidentally… yes, the coinjoinability of science is the main counterargument. But to be earnest: measured by the publications as to systems theory the theory doesn´t run the risk of vanishing but rather to play, admittedly, a smaller role in today´s sociology which is truly kind of scaring as other theories normally don´t match systems theory´s level of dissolving everyday life categories and re- describe them.

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Deutschland als Suchmaschine: Zusammenhalt 2.0

Von Thomas Hoebel und Rena Schwarting

Die Welt als Suchmaschine

Glaubt man dem Kabarettisten Ingo Börchers, dann ist die Welt eine Google[1]. Was wüssten wir schon von dieser Welt, gäbe es nicht die weltweiten Weiten des Internets, die wir mit der geeigneten Software virtuell bereisen können. Von Niklas Luhmann stammt das geflügelte Wort, dass wir alles, was wir von dieser Welt wissen, aus den Massenmedien wissen. Die von Nutzern selbst generierten „contents“ der Weblogs sind dabei keine Ausnahme, sondern nur die zwischenzeitlich letzte Konsequenz dieser Logik, die gerne mit dem Kürzel „2.0“ versehen wird.

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Comments on systems theory: The distinction of operation and observation

Facing the void

Our concern in this article will be the distinction between operation and observation as systems theory according to Luhmann proposes it. We want to ask in which way the distinction is used and which consequences arise from this particular use of a specific distinction. Furthermore, the question is why Luhmann ascribes such importance to this particular distinction. What is its value?

The answer to this question – as we will see – lies in the realm of constructivism. We do not want to ask for any general importance of this distinction, for this would extend the form of a blog- article. Another constraint is the focus on social systems. We, again, need this shortening to abbreviate the reasoning to an acceptable extent.

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Probleme und Lösungen der Betroffenen-Demokratie

Weniger (Beteiligung) ist mehr (Demokratie)

Es geht um ein Problem, für das wir eine Lösung suchen. Für klassische Demokratietheorien gestaltet sich die Problem-Lösung danach, dass man das „Wir“ zugleich als Lösung postuliert. Die systemtheoretische Konzeption von Demokratie identifiziert dagegen in kontra-intuitiver Manier das „Wir“ als Problem.

Zum „Wir“ als Lösung

Dieses „Wir“ wird im Allgemeinen über eine möglichst breite Beteiligung der Betroffenen an einer Entscheidung erreicht. Gemäß des „Rights&Risks-Ansatzes“, der demokratische Legitimität nach der Repräsentation der Rechte und Risiken der Betroffenen bemisst, wird die „Herrschaft des Volkes“ normativ interpretiert: Teilhaben als Teilsein. Diese vermeintlich demokratische Formel hat sich in den vergangenen Jahren in unterschiedlichen Semantiken wie „Bottom-Up“, „Diversity Management“ oder „Multi-stakeholder Governance“ festgesetzt. Gerade die Governance-Perspektive hat insbesondere über das politische System hinaus Resonanz gefunden. Wo diese nicht wirkte, wurden Beteiligungsquoten für „repräsentationsschwache“ Gruppen (Frauen, SeniorInnen, MigrantInnen, Kinder etc.) eingeführt, um „ungerechten“ und „undemokratischen“ Entscheidungen vorzubeugen.

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Shout at the Devil

Ich werde mal versuchen, in dieser kurzen Skizze hier, sowohl Stefans Artikel als auch Ennos Artikel zu behandeln- aus dem Grund (schon wieder) ein neuer Artikel und kein Kommentar.

Vorschalten möchte ich meinem Beitrag allerdings eine Frage und zwar die, ob man nicht mit einiger Berechtigung fragen könnte, ob ein soziales System, dass sich rekursiv über Kommunikation reproduziert, überhaupt in eine Krise geraten kann?

Um aber ins Thema einzusteigen: Ich denke, ebenso wie Enno, dass es nicht möglich ist, die aktuelle Finanzkrise kausal aufzuschlüsseln, eben weil Kausalität ein Endloshorizont ist, in den man irgendwann mehr oder weniger willkürlich eine Zäsur einführen muss, um Beobachten überhaupt erst zu ermöglichen. Ich würde dabei allerdings nicht soweit gehen, zu sagen, dass es aus diesem Grund keine Ursache für die momentane Krise gibt. Sobald ein Beobachter die Krise unter dem Schema Kausalität beobachtet, können auch Ursachen angegeben werden- die dann sicherlich mehr oder weniger adäquat sein können. Man kann also nie ontologisch die Ursache der Krise ausmachen, weil es diese nicht gibt- sie muss über einen Beobachter konstruiert (mit Unterscheidungen beobachtet) werden. Dementsprechend kann es auch keine falschen Kausalpläne geben, woran sollte man die Falschheit dieser Pläne auch messen wollen, wenn man auf die Vorstellung einer seienden Realität verzichtet? Sicherlich kann man die Adäquanz im Nachhinein beurteilen, aber eben wieder nur als distinktionsgeleitete Beobachtung- dieses Mal im Schema richtig/falsch. Aber sie können nicht in dem Sinne falsch sein, dass sie nicht mir der Realität übereinstimmen.

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Gedanken zur Systemtheorie II: Konstruktivismus

Die Systemtheorie flaggt sich selbst als eine Theorie aus, die den Konstruktivismus als „Erkenntnisprogramm“ (Luhmann) nutzt. Gemeint ist damit nicht die relativ eingängige Aussage, dass alles konstruiert ist bzw., dass es keine Realität gibt. Diese Aussage würde ja letztendlich auch auf die Paradoxie hinführen, dass selbst die Konstruktion noch einmal konstruiert ist- spielt man dies weiter durch, würde folglich jede Form der Konstruktion im infiniten Regress enden. Und negiert man dies, um an einer  „Exklusiv“- Konstruktion festzuhalten, würde man ja letztendlich wieder auf ein ontologisches Weltbild referieren, in dem die Konstruktion quasi „ist“- und nicht mehr von der Realität zu unterscheiden wäre. Die Konstruktion aber ist nicht einfach in der Welt, sondern muss rückgebunden werden an ein System. Nur Systeme konstruieren, wenn man so sagen darf. Aber was genau bedeutet konstruieren?

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Gedanken zur Systemtheorie: Paradoxien

Vor allem in den späteren Werken Luhmanns taucht immer wieder der Begriff der Paradoxie auf. Was aber hat es mit dem Begriff auf sich? Oder präziser formuliert: Welche Rolle spielt der Begriff in der Systemtheorie, dass seine extensive Nutzung an zentralen Stellen der Theorie gerechtfertigt ist?

Ohne Anspruch darauf, diese Frage vollständig beantworten zu können, soll der Begriff der Codierung an dieser Stelle im Vordergrund stehen, um zu verdeutlichen, warum der Hinweis auf Paradoxien – trotz des Anscheins reiner intellektueller Spielerei – dennoch wichtig und vor allem theoriearchitektonisch bewundernswert konsistent und intelligent platziert ist.

Unter einer Paradoxie verstehen wir dabei einen selbstreferentiellen Widerspruch, also einen Widerspruch in Bezug auf sich selbst.

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