Zeitdiagnosen 4.0
Ein Trend zu Neuem ist nicht zu übersehen. Im monatlichen Rhythmus werden neue technische Epochen, innovative Organisationsformen oder gleich neuartige Gesellschaftsformationen ausgerufen. Berater versuchen über schnell hingeworfene Zeitdiagnosen, ihre Angebote zu vermarkten, Wissenschaftler geben ihren Forschungen darüber eine massenmediale Bedeutung und Politiker versuchen, darüber Themen zu setzen.
In der Vergangenheit wurden Zeitdiagnosen noch so formuliert, dass man genau wusste, worum es ging. Es war die Rede von der „Industriegesellschaft“, der „Dienstleistungsgesellschaft“ oder der „Erlebnisgesellschaft“; verkündet wurde der Trend zur „Matrix Organisation“, zum „Lean Management“ oder zum „Business Process Reengineering“. Aber schon an der Popularität der Vorsilbe „post“ in der Bezeichnung manches neuen Trends konnte man erkennen, dass sich die Zeitdiagnostiker immer weniger trauten, ihre Analysen mit einem präzisen Begriff zu bezeichnen. Begriffe wie postindustrielle Gesellschaft, postfordistisches Unternehmen oder postbürokratische Organisationen suggerieren zwar eine grundlegende Veränderung, lassen aber offen, was sich genau verändert. Und es hat eine gewisse ungewollte Ironie, wenn inzwischen wissenschaftliche Konferenzen veranstaltet werden, auf denen danach gefragt wird, was nach der postbürokratischen Organisation oder nach dem postfordistischen Unternehmen komme.