Unternehmen haben die Familie entdeckt: sie wollen selbst zur Familie werden. Kaum noch ein Konzern mag auf vertraulich-behagliche Töne verzichten. So sympathisch das erscheinen mag, so nützlich könnte es für Beschäftigte sein, doch lieber Distanz zu halten. Die sozialen Bedingungen von Firma und Familie sind vollkommen unterschiedlich.
Melanie Mühl setzt sich im Feuilleton der FAZ mit einem Buch Michèle Rotens („Wie Frau sein. Protokoll einer Verwirrung“) auseinander. An dieser Stelle soll der Versuch einer positiven (Re-)Interpretation der Problemstellung unternommen werden, indem gefragt wird, was unter Freiheit heute eigentlich noch zu verstehen ist. Weiterlesen →
Sascha Lobo ist sicher nicht der einzige, aber sicherlich ein relativ prominenter Vertreter, der wiederholt mehr E-Government und mehr Mitbestimmung, bzw. Bürgerbeteiligung durch das Internet fordert. Aktuell tut er dies via Spon und schließt:
Was wir jetzt nicht brauchen, sind keine Experimente. Und die müssen so lange durchgeführt werden, bis ausreichend viele und unterschiedliche Leute mitmachen.
Mitbestimmung oder Bürgerbeteiligung via Internet, oder jetzt Neudeutsch: E-Government, klingen ideal, wünschenswert und erfreulich. Das virtuelle ‚Hurra, jetzt geht es los‘-Geschrei scheint einem fast aus jedem solcher Statements entgegen zu kommen. Doch es passiert nichts. Seit Jahren übrigens. Und dass, obwohl technisch längst alle Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Die digitale Revolution des politischen Systems bleibt aus. Und das hat Gründe.
Die Einführung und Etablierung neuer Verbreitungstechnologien bringt massive gesellschaftliche Veränderungen mit sich. Und die Theorie der Gesellschaft steht in der Folge vor dem Problem, den Veränderungen mit neuen oder modifizierten Begrifflichkeiten Rechnung zu tragen. Problematisch deshalb, weil eine gleichzeitige Veränderung von Theorie und Gesellschaft ein vergleichendes Beobachten unmöglich macht. Ich plädiere daher für eine konservative Anwendung systemtheoretischer Überlegungen zum Funktionssystem der Massenmedien, weil es mir nicht zwingend notwendig erscheint, mit einem massiven Eingriff in theoretische Grundannahmen zu reagieren, um neue Phänomene zu beschreiben. Weiterlesen →
Für die, die 10 Minuten Zeit und einen stabilen Magen haben, gibt es hier die Coachingversion der Systemtheorie. Ich weiß gar nicht, was ich noch sagen soll…
Folgender Text hat zwar ein Thema und eine Frage, darüber hinaus aber eher Sammelsuriumscharakter… Es geht um die Frage, wie denn die Kommunikation, und nur sie, kommunizieren kann, obwohl ihr die Fähigkeit fehlt zu Prozessieren. Ich möchte darstelle, dass die Kommunikation weder über ein Gedächtnis noch über einen „Arbeitsspeicher“ verfügt. Auf beides ist sie jedoch angewiesen. Frage: Kompensiert sie diesen Mangel durch Leistungsbeziehungen zu den strukturell gekoppelten psychischen Bewußtsein(plural)?
Dieser Satz: „Der Mensch kann nicht kommunizieren, nur die Kommunikation kann kommunizieren.“ aus „Wissenschaft der Gesellschaft“ (Seite 31) wird erschreckend oft nachgeplapert, ohne dass dabei wirklich geklärt wird, werden kann, was er bedeutet.
Es gibt keine Ursache für die aktuelle Finanzkrise. Es gibt auf jeden Fall eine Finanzkrise, die sich zur weltweiten Wirtschaftskrise ausdehnt und es gibt gut ebenso angebbare Gründe für das Zusammenbrechen des Finanzsystems, seien es unfassbar große Lügen oder unfassbar große Gier. Aber es gibt keine Ursache für den Kollaps. Und damit gibt es auch keine Lösung für das Problem. Begreiflich wird dieser Umstand erst, wenn man die aktuelle Finanzkrise vor dem Hintergrund des Technologiedefizits des Wirtschaftssystems betrachtet.
Der Begriff des Technologiedefizits wurde von Niklas Luhman und Karl E. Schorr entwickelt, um die Unmöglichkeit planbarer Einwirkung auf menschliche Entwicklungs- und Bildungsprozesse durch erzieherische Maßnahmen darzustellen. Der Begriff wird daher meist in der Pädagogik, bzw in der Analyse des Erziehungssystems verwendet, obwohl ihm ein – wie für die Systemtheorie typisch – allgemeiner Gedankengang vorausgeht, der alle sozialen Systeme betrifft und bestens auf den Zusammenbruch der Finanzmärkte angewendet werden kann.
Wenn man die luhmannsche Systemtheorie in den Punkten, in denen sie Gesellschaft beschreibt, abstrakt und streng auslegt, sich also von Empirie nicht allzu sehr verunsichern lässt und eher auf der Suche nach symmetrischer Harmonie ist, kommt man schnell zu dem Gesellschaftsbild, das gleichrangige und unterschiedliche, mit klaren Grenzen versehene Funktionssysteme beschreibt, die sich evolutionär und damit nicht beliebig, sondern funktionsorientiert ausdifferenzierten. „Ausdifferenzierung“ nimmt dabei Bezug auf die Zeit und verweist auf einen gleichen Ursprung und Gründe für die Entwicklung.
Man findet in Bruchstücken auf ein paar Texte verteilt Hinweise, wie diese Funktionssysteme genauer zueinander stehen. Eigentlich sagt man: „die Funktionssysteme gleichen sich in ihrer Ungleichheit“. Das ist kein Zitat, sondern ein geliebter Spruch derjenigen, die sich mit geliebten Sprüchen zufrieden geben. In die unterstellte, funktionsorienterte „Symmetrie der Gesellschaft“ einzusteigen ist nicht einfach, Luhmann selbst hat dazu wenig aber mindestens an einer Stelle Denkwürdiges geschrieben. In „Die Realität der Massenmedien“ schreibt er (S. 175): „Die Aufteilung kognitiv / normativ auf Wissenschaft und Recht kann jedoch niemals den gesamten Orientierungsbedarf gesellschaftlicher Kommunikation unter sich aufteilen und damit abdecken.“
Alles, was gesagt wird, lässt sich auch anders sagen. Und es wird glücklicherweise immer einfacher, dies in größerem Stil zu tun. Die Sozialtheoristen stellen sich diesem Spiel der auch anders möglichen Beobachtung. Und erwarten den Widerspruch.
Als dieses Mission Statement entsteht, operiert dieses Blog bereits seit einigen Monaten. Der Anfang ist gemacht, werden Einige sagen. Ist dieses Statement also das Ende des Anfangs? Wir beobachten das anders. Bereits mit dem ersten Buchstaben waren wir „Mittendrin“. Denn wer kann schon sagen, wann etwas beginnt. Wir sind sicher: sozialtheoristisch kommuniziert wird schon seit langem. In den zahlreichen soziologischen Seminaren der Hochschulen dieser Welt, in den unüberschaubar vielen Nächten des gepflegten studentischen Diskurses, zwischen den Tausenden Buchdeckeln, die in gut sortierten Bibliotheken zu finden sind – um nur einige Beispiele zu nennen. Von einem Anfang zu sprechen, wäre Willkür. Und vermessen.