Kategorie: Allgemein
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Die überraschende Renaissance eines verstaubten soziologischen Konzeptes. Wie Praktiker das Wort „agil“ missverstehen
Kaum ein soziologisches Konzept ist so aus der Mode wie das sogenannte Agil-Schema des US-amerikanischen Strukturfunktionalisten Talcott Parsons. Es finden sich kaum noch Wissenschaftler, die mit dem ursprünglich mal als umfassenden soziologischen Erklärungsansatz entwickelten Agil-Schema arbeiten, hat es sich doch in der Anwendung als viel zu schematisch herausgestellt. An Universitäten wird das Agil-Schema bestenfalls noch…
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Von den Zwängen und Freiheiten der Lehre. Wider die Verklärung von Lehr- und Lernkulturen
An Hochschulen hört man immer mehr Stimmen, die eine Veränderung von Lehr- und Lernkulturen fordern. Die Prüfungs- und Benotungskulturen, die Beratungs- und Unterstützungskulturen, die Fort- und Weiterbildungskulturen und die Qualitätsentwicklungskulturen müssten, so die Stimmen, so verändert werden, dass eine an den Bedürfnissen von Studierenden ausgerichtete Lehr- und Lernkultur entstehe. Mit der inzwischen inflationären Verwendung des…
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Die brauchbare Unordnung der Lehre
Von Marcel Schütz und Lukas Daubner* In der Universität gibt es derzeit eine große Erzählung: vom Defizit ihrer Lehre. Marginalisiert erscheine sie, für wissenschaftliche Karriere praktisch unnütz. Wo man auch hinhört, pessimistischer Grundton. Diesem Mangel, heißt es, sei mit strategischer Tatkraft zu begegnen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft will neuerdings nebenher „Lehrgemeinschaft“ heißen. In den Hochschulen…
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„Die traditionelle Lagerbildung ist ein wenig unterkomplex“
Der Berliner Parteienforscher Gero Neugebauer beobachtet die Entwicklung der SPD seit rund 30 Jahren. Die gegenwärtige Lage der Sozialdemokratie sieht er unentschieden. Die Partei versuche sich nach der letzten Wahl zu stabilisieren, habe aber Schwierigkeiten, wieder eine Kanzlerschaft zustande zu bringen. Ein Interview über neue und alte Bündnisse, eine ungewisse Entwicklung der Unionsparteien und die relative…
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Keine Ahnung
Seit Eschede ist viel über Eschede geschrieben geworden. Über Schicksale und ein kompliziertes Gerichtsverfahren. Warum nur setzte die Bahn jahrelang auf eine Radtechnologie, von der sie wenig verstand? – Eine organisatorische Rekonstruktion Radachsen und Drehgestelle des 1998 im niedersächsischen Eschede verunglückten ICE. Foto: dpa/Holger Hollemann. Themenschwerpunkt 20 Jahre Eschede-Unglück (2. Teil) Drei Sekunden, ein Name,…
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„Die Rettungsorganisation hat sich nach Eschede weiterentwickelt“ – Interview mit dem Unfallmediziner Ewald Hüls
Ewald Hüls war am 3. Juni 1998 Leitender Notarzt beim ICE-Unglück in Eschede. Als Chefarzt der Zentralen Notaufnahme im Allgemeinen Krankenhaus Celle ist er auf Unfall- und Rettungsmedizin spezialisiert. Ein Gespräch über Eschede, die organisatorischen Herausforderungen während Rettungseinsätzen und die Folgen für die ärztliche Praxis bei Großschadensereignissen. Dr. Ewald Hüls leitete die Rettung der Unfallopfer…
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Leitbildprosa reicht nicht – Kann man Diversität in der Universität managen?
1910 wurden die ersten Frauen in den Hochschulverwaltungen als Schreibgehilfinnen zugelassen. Bis dahin wurde ihnen diese Stellung verwehrt, da die Männer in den Verwaltungen und auf den Lehrstühlen argumentierten, dass Frauen aufgrund ihres ‚weiblichen Naturells‘ nicht in der Lage seien Geheimnisse zu wahren oder die Handschrift der Ordinarien entziffern zu können. Zumal ihre physische Leistungsfähigkeit…
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Ausgeforscht – Das Ende einer Fachzeitschrift
Fast drei Jahrzehnte schrieben Ökonomen, Soziologen und Psychologen für das auf interessante Weise ungewöhnliche Journal „Managementforschung“. Mit dem charmanten Nischenangebot ist nun Schluss. Ein Blick auf grundsätzliche Feinheiten im akademischen Publikationswesen. – Und Versuch eines Nachrufs. In die Jahre gekommen? Einige Bände der Zeitschrift Managementforschung. Bild: Privat. Kürzlich war zu erfahren, dass die Zeitschrift „Managementforschung“ bereits…
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Gewissensgebiete
In der Behaglichkeit eines Talksessels entschied sich Angela Merkel, nichts entscheiden zu wollen – und hatte damit gleich alles entschieden. Warum auch nicht? So verkehrt kann es nicht sein, wenn eine Regierungschefin noch weiß, wie Politik gemacht wird. Ja, sie will, weil sie kann: Im „Brigitte“-Plausch geht es auf einmal um Fragen der gewissenhaft zu…
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Jenseits eines Potpourris von Plattitüden. Zur Forderung des Wissenschaftsrates nach „Lehrverfassungen“ an den Hochschulen
von Stefan Kühl, Ines Langemeyer, Gabi Reinmann und Marcel Schütz Foto: Andrew Sweeney Der Wissenschaftsrat, das zentrale wissenschaftspolitische Beratungsgremium von Bund und Ländern, fordert in seinem aktuellen Positionspapier „langfristig und systemweit“ angelegte „Strategien für die Hochschullehre“. „Exzellenzwettbewerbe“, so die Überlegung, könnten zukünftig auch die bislang zu wenig beachtete Lehre veredeln. In staatstragender Manier werden dafür…
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Weswegen der Verweis auf „Führungsschwäche“ das Problem der Bundeswehr nicht trifft. Die Skandale bei der Bundeswehr als ungewollte Nebenfolgen von Kameradschaftserwartungen
Foto: Robert Thomson 3. Mai 2017 Angesichts der Gewaltrituale bei der Ausbildung von Soldaten in der Staufer-Kaserne im baden-württembergischen Pfullendorf, entwürdigender Strafmaßnahmen bei einem Gebirgsjägerbataillon in Bad Reichenhall und der fast schon skurril anmutenden Anschlagpläne eines sich als syrischer Flüchtling tarnenden rechtsextremen Bundeswehrsoldaten scheinen sich alle Beobachter einig zu sein, dass es bei der Bundeswehr…
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Zeitdiagnosen 4.0
Ein Trend zu Neuem ist nicht zu übersehen. Im monatlichen Rhythmus werden neue technische Epochen, innovative Organisationsformen oder gleich neuartige Gesellschaftsformationen ausgerufen. Berater versuchen über schnell hingeworfene Zeitdiagnosen, ihre Angebote zu vermarkten, Wissenschaftler geben ihren Forschungen darüber eine massenmediale Bedeutung und Politiker versuchen, darüber Themen zu setzen. In der Vergangenheit wurden Zeitdiagnosen noch so formuliert,…