Die Digitalisierung ist eine ganz harte Sache. Da führen sich die Hauptdarsteller weicher Professionen, beispielsweise Journalisten, schon mal selbst in die Irre. “Kann jemand gleichzeitig Journalist und Aktivist sein?” (Quellenangabe später) Oder, anders: Wie genau lässt sich Berichterstatterarbeit produktiv gestalten, wenn man sich bei den Ansprechpersonen zur Digitalisierung nur zwischen schweigsamen Unternehmen und geheimen Behörden entscheiden kann; über kurz oder lang also an Aktivisten gerät, die ihrerseits plötzlich nicht nur Digitalisierung erklären, sondern auch, was es mit der Schweigsamkeit und Geheimniskrämerei der eigentlichen Gestalter auf sich hat.
Wer bürgt für unsere digitale Identität?
Als Mark Zuckerberg in der vergangenen Woche vor Entwicklern über das kommende Jahrzehnt von Facebook sprach, führte der Erbauer seines ärgsten Konkurrenten, Google Plus, Bewerbungsgespräche. Vic Gondutra hatte eine Woche zuvor Google verlassen, wiederum einen Tag nachdem Facebook Rekordzahlen verkündete: 1,23 Milliarden aktive Nutzer bedeuten 160 Milliarden Dollar Unternehmenswert. Auf Facebook tobt das Leben. Google Plus dagegen gilt als Geisterstadt. Doch das so einheitliche Bild, das Beobachter daraus ableiteten, ist nicht vollständig, geschweige denn richtig. Mark Zuckerberg weiß, dass das Wachstums seines Unternehmens, anders als Googles, in Amerika an ein Ende gelangt ist. Deswegen hat er höheres, geradewegs Hoheitliches vor.
Analoges Vertrauen durch digitales Verständnis
Wenn Harald Welzer sagt, Vertrauen bleibe analog, auch und gerade in der digitalen Gesellschaft, können wir ihm zustimmen. Man kann nicht auf viel Sicherheit in der digitalen Kommunikation setzen, wenn man sich nicht wenigstens ein Mal tatsächlich von Angesicht zu Angesicht getroffen habe, sagt der mit der Materie vertraute Denis Ahrens. Seit Jahren führen sicherheitsbewusste Menschen daher neben Bargeld auch ihren PGP-Fingerprint mit sich, um ihn auf Papier weiterzugeben.
Flaches Design mit ganz viel Tiefe
Die Zukunft wird eine verrückte. Es wird noch Zeitungen geben, sie werden sogar aus Papier sein – nur so verwegen, das gedruckte Wort für sich und für immer stehen zu lassen, wird niemand mehr handeln. Die an ihrer Anmut sofort als solche erkennbare Zeitung wird zum Bildschirm werden, wie die Kaffeetasse, die Fenster, jede Tischplatte und überhaupt alles auch schon welche sind. Was für den Leser Annehmlichkeiten bedeutet – er muss immerhin nie wieder umblättern -, wird auch für die Redaktionen ein Segen sein: Endlich passt alles auf Seite 1.
Das Internet hat keine dunklen Ecken
Bevor Edward Snowden am Dienstag vor dem Europarat darüber sprach, dass die NSA dem Terror unverdächtige Organisationen und Personen überwacht – beispielsweise den Children‘s Fund der Vereinten Nationen oder Anwälte, die für Amerika Handelsabkommen verhandeln – verlas er eine Mitteilung, die ihm offenbar seine Anwälte geschrieben hatten. In ihr stellte er heraus, dass er sich mit seinem Handeln im Rahmen der amerikanischen Verfassung bewege. Es sei gerade sein Ziel, Schaden von Amerika abzuwenden. Zu dieser Strategie gehört, nicht selbst über die Enthüllungen zu entscheiden, sondern diese Selektionen von Journalisten vornehmen zu lassen. Details seien von ihm nicht zu erwarten, nicht weil er keine habe, sondern weil es nicht seine Aufgabe sei, sie weiterzugeben.
Die Wirklichkeit der Metadaten
Der Begriff ist in der Tat ein Mysterium. Was soll ein Metadatum schon sein? Gerade das Big-Data-Zeitalter lehrt doch, dass alle Daten per se gleichwertig sind, bis Analysen zeigen, was sie unterscheidet, was sie wichtig oder unbedeutend macht, welchem Kontext sie zuzuordnen sind oder als wie neutral und wahrhaftig sie gelten können.
Die weltweit beste Popmusik aller Zeiten
„Laserkanonaden, Kulissenparaden und Lautsprecherexplosionen“ sind was für Loser, die große Bühne aber ist zeitgemäß: Emeli Sande in der Royal Albert Hall
Bei Deutschland sucht den Superstar war heute ein junger Mann, der leider nicht nur kein Talent im Gepäck hatte, sondern auch kein tragisches, ausbeutbares, persönliches Schicksal. Worum ging es also in den zwei Minuten, die jeder Depp, der vor Dieter Bohlen vorstellig wird, publikumskompatibel zu bewältigen hat: Er erzählte von dem Schicksal des Jungen, den er als Zivildienstleistender betreute. Ach was, er erzählte davon; richtiger wäre: er nutzte – angeleitet von RTL oder welchen Produktverantwortlichen auch immer – das Schicksal dieses Jungen, der im Rollstuhl sitzt und kaum in der Lage ist zu sprechen, aus, indem er ihn auch noch vor die Kamera holte, damit auch alle verstanden, wie traurig die Geschichte ist, die er sich da kurz mal ausborgte.
Was die Älteren so denken
„Ob man mit ihnen über Demokratie, Gesetze oder allgemeine Politik spricht, im Vergleich zu den jüngeren, sind ältere Heranwachsende besser informiert, sie haben einen weiteren Blick auf schwierige Sachverhalte und — was bereits ihre höheren integrativen Komplexitätswerte anzeigen — sie verfügen über die Fähigkeit, unterschiedliche Perspektiven miteinander zu vereinbaren.“ Zu dieser hochtrabend formulierten aber nichtssagenden Einsicht kommt die amerikanische Entwicklungspsychologin Constance Flanagan am Ende eines Buches, in dem sie sich mit jungen Menschen beschäftigt, die schon viel von der Gesellschaft verstehen, aber noch zu jung sind, an Wahlen teilnehmen zu dürfen.
What is sociological research about? It is about „finding a pig that speaks“
As a Chicago sociologist Sudhir Venkatesh had internalized the idea that the Chicago style of urban living was universal, that everybody stayed in their neighborhoods segregated by race and class and that their children lived the same way passing down these patterns generation after generation. Studying New York City from the perspective of coming from Chicago, would you still find a global city when you look at the alleyways? As a sociologist how do you make sense of a city where people move and cross boundaries of neighborhoods? The video shows the „Global Voices Author Lecture“ with Sudhir Venkatesh on his book „Floating City: A Rogue Sociologist Lost and Found in New York’s Underground Economy “, on November 13, 2013, University of Chicago Assembly Hall, closing his talk with a message for everybody who is curious to know what sociology is about: It is about „finding a pig that speaks“.
Emanzipation, ja! Aber nicht immer nur die der Frauen
Im Grunde, da will ich mich gar nicht drüber beschweren, habe ich nichts gegen das gängige Unvermögen von Menschen – von dem ich auch betroffen bin – die Welt so zu sehen, wie sie ist, sodass man möglichst wenig ins Stolpern gerät. Es ist schließlich, so empfinde ich es, ehrenvoll, ständig nicht nur des Namens, sondern auch der Person beraubt zu werden, wenn an deren Stelle der gute Name der F.A.Z. stehen kann. So läuft es, es ist tatsächlich egal, was man schreibt. Es geht, wenn darüber gesprochen wird, immer darum, was die F.A.Z. sagt, denkt und plant. Gegen diesen Modus der Beobachtung habe ich absolut nichts einzuwenden.
Fröhlicher Jahresausklang
Vielleicht war 2013 das letzte fröhliche Jahr, zumindest das letzte, das nach vorgeschriebener Fröhlichkeit funktioniert. Es ist jedenfalls kaum vorstellbar, dass in einer Ecke noch jemand sitzt an dem die Verheißungen des Solutionism vorbeigingen. Für 2014 dürften wir alle hinreichend desensibilisiert sein. Und die Werbemenschen werden nach ihrem Ministorytelling auch keine Asse mehr im Ärmel haben – kein Wunder das Apples Jahresausklangsclip „Misunderstood“ heisst…
Luhmann Handbuch,
Leben – Werk – Wirkung
Und es gibt ihn doch. Entgegen anderslautenden Gerüchten, Behauptungen und Lehren, spielt der Mensch in der Gesellschaft eine Rolle — auch in der systemtheoretischen Lesart. „Für soziale Systeme sind Menschen unverzichtbar“, heißt es von Peter Fuchs, der die kryptischen Theoriebausteine kennt: die Gesellschaft bestehe aus Kommunikation und auch nur diese könne kommunizieren. Peter Fuchs ist allerdings auch mit Niklas Luhmanns Fußnotenhumor vertraut. Man dürfe nämlich sehr wohl in der systemtheoretischen Soziologie über den Menschen etwas sagen, wenn man nur dazu sagt, welchen man meint. Bei einem Theorieschmöker, der „Luhmann Handbuch” heißt, liegt es auf der Hand – es geht um Niklas Luhmann. Eigenen Humor bewiesen die zahlreichen Herausgeber aber auch. Nach 440 Seiten lautet der letzte Satz: „Luhmann ist ein Teil, wenn auch nur ein kleiner Teil, des intellektuellen Cocktails, der sich selbst ,Theorie‘ nennt.” Der Dreiklang des Untertitels „Leben, Werk, Wirkung“ ist hier längst ununterscheidbar.