Autor: Stefan Kühl

  • Die Suche nach der optimalen Organisationsstruktur

    Ein nachvollziehbarer Traum, aber letztlich nur ein Traum Den Traum von der optimalen Organisationsstruktur gab es schon, bevor sich im 17. und 18. Jahrhundert ein allgemeines Verständnis ausbildete, was eine Organisation überhaupt ist. Schon die Sassaniden, die im 3. Jahrhundert nach Christus Persien dominierten, debattierten, wie man die Herstellung von Glas und Seide optimieren könnte.…

  • Amnestieboxen

    Wenn aus einer Lösung ein Problem gemacht wird Die Empörung könnte kaum größer sein. Da lässt der Kommandant der Spezialkräfteeinheit einer Armee Container aufstellen, in denen anonym Munition und Sprengstoff entsorgt werden können, die von Soldaten rechtswidrig gehortet worden sind. Es wird suggeriert, dass rechtsextrem orientierte Soldaten Waffen und Munition aus Bundeswehrbeständen in ihren Gärten…

  • Die Blinden Flecke einer prozesssoziologischen Gewaltforschung

    Der aktuelle Turn in der Gewaltforschung besteht in der Ausrufung einer Prozessperspektive. Die Klage ist, dass die Zeitdimension bisher unterschätzt wurde und deswegen die Entwicklung einer prozessualistischen Alternative notwendig wäre. Die Promotoren dieses Ansatzes – Thomas Hoebel und Wolfgang Knöbl – sprechen selbst von einer neuen „Heuristik“, aber es ist unverkennbar, dass es um einen…

  • Die Renaissance des Maschinenmodells

    Die Vorstellung von einem Betriebssystem der Organisation Aufschlussreich ist, dass die Holakraten ihr Organisationsmodell als ein „selbststeuerndes Betriebssystems“ für Organisationen beschreiben (Robertson 2015).[1] Es ginge – so die Suggestion der Software-Metapher – darum, ein System zu entwickeln, das die basalen Regeln des Zusammenspiels zwischen einzelnen Komponenten definiert. Ein Betriebssystem lege nicht fest, welche konkreten Programme…

  • Formalisierung als Erfolgsrezept

    Wie durch Bürokratisierung versucht wird, die Ausbildung von Abteilungen und Hierarchien zu verhindern Die Kritik am klassischen bürokratischen Organisationsmodell ist im Wesentlichen durch drei Stoßrichtungen gekennzeichnet: Erstens wird kritisiert, dass sich Abteilungen voneinander abschotten und deswegen jede Abteilung nur ihrer eigenen Logik folge. Weil die Mitarbeiter in der Regel nur Mitglied einer Abteilung sind, würde…

  • Zu den Abgrenzungsfolien einer prozesssoziologischen Gewaltforschung

    Dieser Text ist eine Reaktion auf den Beitrag „Gewalt erklären?“ auf sozialtheoristen.de von Thomas Hoebel und Wolfgang Knöbl  https://sozialtheoristen.de/2021/01/18/gewalt-erklaeren/ und weitergehend auf das Buch „Gewalt erklären! Plädoyer für eine entdeckende Prozesssoziologie“ (Hamburg: Hamburger Edition, 2020). Es ist ein erster Aufschlag für eine Diskussion, die wir in den nächsten Monaten auf sozialtheoristen.de führen wollen. Kolleginnen und…

  • Zum Hype um den Purpose. Weswegen Distanz der Mitglieder zur Organisation hilfreich sein kann

    Immer mehr Unternehmen gehen dazu über, ihre Mitarbeiter nicht mehr ausschließlich über finanzielle Anreize, Druck oder bestimmte geschickte Führungstechniken zu motivieren. Stattdessen werden Mitarbeiter angeregt, sich verstärkt mit „ihrem“ Unternehmen und mit „ihren“ Produkten zu identifizieren. Gerade die sogenannten Vorreiterunternehmen verkünden, dass „Geld allein nicht motiviert“, sondern ein gutes Arbeitsklima und eine Identifizierung der Mitarbeiter…

  • Brauchbare Illegalität. Weswegen sich Regelabweichungen in Organisationen nicht vermeiden lassen

    Regelabweichungen und Gesetzesbrüche in Organisationen werden im Allgemeinen als Problem betrachtet. Sie werden als „Verfehlung“, „Fehlverhalten“, „antisoziales Verhalten“, als „Sittenverfall“ oder gar als „Verbrechen“ bezeichnet. Gesprochen wird von den „schmutzigen Geschäften“ von Unternehmen, dem „falschen Handeln“ in Organisationen oder den „dunklen Seiten“ von Organisationen. Die Organisationen, in denen solche Regelabweichungen und Gesetzesbrüche exzessiv zu beobachten…

  • Der Prinz-von-Homburg-Effekt. Was man von Heinrich von Kleist über die Skandale bei Wirecard, VW und FIFA lernen kann

    Wenn wieder einmal eine Organisation wegen eines Umweltverstoßes, Schmiergeldskandals oder einer Finanzmanipulation in der öffentlichen Kritik steht, lohnt sich ein Blick in das klassische Theaterstück des Dramatikers Heinrich von Kleist über die Befehlsverweigerung des Prinzen Friedrich von Homburg. Kleist, der selbst in seiner Jugend als Leutnant in der preußischen Armee gedient hatte, konfrontiert in diesem…

  • Bilanzfälschung. Zur übersehenen Normalität des Falles Wirecard

    Bilanzskandale beschädigen das Vertrauen in das Management von Unternehmen. Auch nur vage Andeutungen einer „Enronitis“ – die nach dem spektakulär gescheiterten US-Energiekonzern benannte Tendenz von Unternehmen, ihre Zahlen besser dazustellen, als sie wirklich sind – versetzen Börsenaufsicht, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensmanagement in wilde Hektik.[1] Manager, die ihr Zahlenwerk zu sehr manipuliert haben, werden medienwirksam in Handschellen…

  • Bullshit – Warum es hilfreich sein kann, manchmal nicht auf den Punkt zu kommen

    Das Spielen von Bullshit-Bingo hat sich zu einer Strategie von Mitarbeitern entwickelt, Sitzungen mit allzu vielen Plattitüden ihrer Vorgesetzen zu überleben. Vor Beginn eines Meetings erstellt man eine Liste mit den gerade in der Organisation besonders populären Begriffen und ordnet Sie in einem 5 x 5 Schemata an – Wertschätzung, Synergie, Proaktiv, Mindset, Nachhaltigkeit, Innovation,…

  • Über die nützliche Filterwirkung internetbasierter Interaktionen. Zum Unterschied von Interaktion unter Anwesenden und unter Abwesenden

    Die Ersetzung der Präsenzlehre durch Fernunterricht aufgrund der Corona-Pandemie hat unter Lehrenden zu sehr unterschiedlichen Einschätzungen geführt. Für die einen stellt die kurzfristige Umstellung auf die Fernlehre eine Zumutung dar, weil weder die technischen noch didaktischen Voraussetzungen dafür beständen. Einzige Konsequenz könne, so die Schlussfolgerung, die staatliche Verordnung eines „Nichtsemesters“ sein, in dem Dozenten und…