Autor: Stefan Kühl

  • Funktionale Regelverstöße und brauchbare Illegalität – Weswegen sich Regelabweichungen in Organisationen nicht vermeiden lassen

    Im Allgemeinen werden Regelabweichungen und Gesetzesbrüche in Organisationen als Problem betrachtet. Sie werden als „Verfehlung“, „Fehlverhalten“ (Wardi und Weitz 2004), „antisoziales Verhalten“ (Giacalone und Greenberg 1997), als „Sittenverfall“ oder gar als „Verbrechen“ bezeichnet (Greve et al. 2010). Gesprochen wird von den „schmutzigen Geschäften“ von Unternehmen (Punch 1996), dem „falschen Handeln“ in Organisationen (Palmer 2012) oder…

  • Positivierung und Formalisierung

    Das Verhältnis der Erwartungsbildung in Staaten durch positives Recht und der Ausbildung von Erwartungen in Organisationen durch Formalisierung ist bisher theoretisch unzureichend beleuchtet worden. Aus einer systemtheoretischen Perspektive werden in diesem Artikel die Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser „Rechtsbildung“ auf der Ebene des Staates und der Organisation näher untersucht. Anschließend an die Diskussion über die Frage…

  • Zur Entstehung, Durchsetzung und Regulierung von Regelabweichungen

    Organisationsmitglieder können sich auf der sicheren Seite wähnen, wenn sie sich sklavisch an organisationale Regeln und staatliche Gesetze halten. Schließlich geben sie Vorgesetzten keinen Grund für eine Abmahnung oder Kündigung, wenn sie sich an die formalen Regeln der Organisation halten. Organisationsmitglieder, die staatliche Gesetze genau befolgen, bieten des Weiteren keinen Anlass für Strafverfolgungen oder Zivilklagen…

  • Heuchelei statt Konflikt

    Zur Wirkung von Moral in Organisationen[1] Ein Beitrag für Cristina Besio und André Armbruster (Hg.) Organisierte Moral Wiesbaden: Springer VS 2020 In der Forschung wird davon ausgegangen, dass Moralkommunikation zu heftigen Konflikten führt, weil bei dieser immer persönliche Achtung oder Missachtung zum Ausdruck gebracht wird. In diesem Artikel wird im Gegensatz zu dieser Annahme argumentiert,…

  • Regelbuch statt Regelbruch

    Zum Umgang mit unbrauchbarer Legalität in Organisationen[1] „Kein System sozialer Normen könnte einer perfekten Verhaltenstransparenz ausgesetzt werden, ohne sich zu Tode zu blamieren.“ Der Soziologe Heinrich Popitz (1968: 10) Die ungewollten Nebenfolgen der verstärkten Durchsetzung von Regeltreue in Organisationen sind in den letzten Jahrzehnten umfassend herausgearbeitet worden. Dieser Artikel greift diese Forschung auf und ordnet…

  • Weshalb sachlich, wenn es auch persönlich geht

    Über Gefühle in Organisationen Interview von Peter Laudenbach mit Stefan Kühl Eine ausführliche Fassung des Interviews ist im Heft 4/2019 von Brandeins erschienen und wird ab Mai 2019 online zugänglich gemacht. Diese Fassung auf den Sozialtheoristen soll aber jetzt schon ermöglichen, die teilweise sicherlich provokanten Thesen zu diskutieren – Herr Kühl, müssen sich Unternehmen für…

  • Die überraschende Renaissance eines verstaubten soziologischen Konzeptes. Wie Praktiker das Wort „agil“ missverstehen

    Kaum ein soziologisches Konzept ist so aus der Mode wie das sogenannte Agil-Schema des US-amerikanischen Strukturfunktionalisten Talcott Parsons. Es finden sich kaum noch Wissenschaftler, die mit dem ursprünglich mal als umfassenden soziologischen Erklärungsansatz entwickelten Agil-Schema arbeiten, hat es sich doch in der Anwendung als viel zu schematisch herausgestellt. An Universitäten wird das Agil-Schema bestenfalls noch…

  • Von den Zwängen und Freiheiten der Lehre. Wider die Verklärung von Lehr- und Lernkulturen

    An Hochschulen hört man immer mehr Stimmen, die eine Veränderung von Lehr- und Lernkulturen fordern. Die Prüfungs- und Benotungskulturen, die Beratungs- und Unterstützungskulturen, die Fort- und Weiterbildungskulturen und die Qualitätsentwicklungskulturen müssten, so die Stimmen, so verändert werden, dass eine an den Bedürfnissen von Studierenden ausgerichtete Lehr- und Lernkultur entstehe. Mit der inzwischen inflationären Verwendung des…

  • Für ein Realismusgebot in der Diskussion über künstliche Intelligenz

    Working Paper 5/2018 Kaum noch jemand traut sich die Geschichte vom smarten Kühlschrank zu erzählen, der auf einer Lebensmittelplattform automatisch die fehlende Milch nachbestellt. Zwar ist es technisch kein Problem, einen Kühlschrank mit Sensoren auszustatten, die entsprechend gekennzeichnete Lebensmittelverpackungen erkennen können. Aber der alltägliche sehr menschliche Blick in den Kühlschrank, ob noch genug Milch da…

  • Die Renaissance des militärischen Schnupperpraktikums

        Working Paper 4/2018   Die Forderung nach der Einführung einer einjährigen Dienstpflicht wird von ihren Verfechtern mit viel Emphase vorgebracht. Junge Menschen könnten über ein „Gesellschaftsjahr“ ihrem Land „etwas zurückgeben“ und würden dadurch den Zusammenhalt im Land stärken. Eine Dienstpflicht für alle könnte zur Entwicklung der „Persönlichkeit“ beitragen – ein Effekt, der durch…

  • Das moralisierende Unternehmen

    Wie die Forderung nach Integrietät Mitarbeiter zu Heuchlern macht Working Paper 3/2018 Integrität ist die neue Lieblingsvokabel im Management. Mitarbeiter sollen sich nicht mehr nur an staatlichen Gesetzen und internen Regeln orientieren, sondern sich auch unter moralischen Gesichtspunkten korrekt verhalten. Die Spitzen der Organisationen verpflichten sich zu einer „integren Unternehmenspolitik“, bekennen sich zu einer „werteorientierten…

  • Abwesenheit als Krise

    Was die Debatte über Anwesenheitslisten über die Situation an den Hochschulen aussagt Working Paper 1/2018  An den Hochschulen wird kaum eine Debatte so emotional geführt wie die über Anwesenheitslisten, diese Blätter, mit dem zu Beginn oder zum Ende einer Veranstaltung überprüft wird, wer anwesend und wer abwesend ist. Der Grund für die hitzige Debatte liegt…