‚Relevanz‘ als symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium

Dieser Artikel schließt direkt an den vorhergehenden Artikel samt seiner Kommentare an – ist also eine Art Zusammenfassung und Strukturierung der Ideen, die im Besonderen Herr autopoiet beigesteuert hat.

Die moderne Gesellschaft unterscheidet sich von ihren Vorgängern durch den Abbau der Notwendigkeit persönlicher Beziehungen und Zurechnungen. Musste ein Bauer im 11. Jhrd. noch streng nach Kalender seine Ernteerträge an einen Herren abführen und der König bei längerer Abwesenheit fürchten, dass seine Pfälze niedergerissen werden, verfügt die Moderne über Organisationen und Institutionen, die sich mithilfe symbolisch generalisierter Kommunikationsmedien konstituieren und stabilisieren.

Der moderne Bauer verfügt nun über Geld und kann seine Waren egal wem, egal wann, und egal für welchen Preis anbieten. Und ebenso frei ist er im Ankauf. Und auch der König muss nicht mehr anwesend sein und seine Herrlichkeit religiös untermauern. Der moderne König wird gewählt, in ein Amt, das nicht im Vorfeld festlegt, wer es ausfüllt, was und wann entschieden wird. Soweit die Beispiele für Geld und politische Macht.

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Zum fehlenden externen Selektionsmechanismus der Wikipedia

Rund um die deutsche Wikipedia gibt es gegenwärtig Aufruhr, da einige Admins (Wikipedia-Leute) Texte von Autoren (Welt-Leute) löschen und dies mit ihrem Katalog für Relevanzkriterien begründen.

Die Wikipedia ist ein besonderes Projekt. Sie ist, in erster Linie, eine Organisation und folgt somit klaren Regeln in Bezug auf: Wer darf was und wer darf nicht. In diesem Sinne ist sie eine gewöhnliche Organisation. Sie verfügt über Verfahren durch die geregelt wird, wer zu den Entscheidern gehört und was und wie entschieden wird.

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Demokratie: Zeit-, Entscheidungs-, Legitimations- und Verantwortlichkeits- statt Wissensprobleme

Das Internet ist voll mit Leuten, die viel nachdenken aber zu wenig lesen. Die hypermoderne, internetgeprägte Moderne ist, um den Spaß mitzumachen, eine Redundanzgesellschaft. Eines der Themen, durch die das aktuell wieder besonders deutlich wird, ist die Thematisierung der Demokratie.

Was gibt es alles: Fluid Democracy, Real-Time-Democracy oder, um ein Modell explizit zu verlinken: die digitale Demokratie.

Was haben all die Ideen gemeinsam? Sie sind ziemlich kurzsichtig. Sie beobachten Politik allein anhand des Partizipationsprinzips. Legislaturperioden werden verkürzt, Mandate sind nur noch imperativ, es wird sichergestellt, dass jede Idee einzeln berücksichtigt wird und dass die Politik mit notwendigem Wissen ausgestattet ist, das sie bisher ignorierte. (Bzw. die Politik wird mit Wissen von Gruppen ausgestattet, die sie bisher ignorierte.)

Aber sind das die Probleme, die Demokratie löst? Kann man Demokratie allein aus Perspektive des Publikums und der Partizipationsprinzipien beobachten – oder verliert man dabei zu viel aus dem Blick?

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Wie beobachten wir Politik(er)?

Barack Obama hat den Friedensnobelpreis bekommen, Bodo Ramelow verzichtet darauf, als Wahlgewinner Ministerpräsident zu werden, Angela Merkel führt Koalitionsverhandlungen, in denen nur die FDP Abstriche von eigenen Zielen machen muss. Diese Vorgänge in der Politik bekommt eigentlich jeder mit. Man informiert sich in den Medien und bildet sich eine Meinung. Eventuell tauscht man sich noch mit anderen aus und bemerkt, dass andere zu anderen Schlussfolgerungen kommen.

Die Frage „was soll man davon halten?“, beruht dabei auf einer noch viel grundlegenderen, normalerweise impliziten Frage: Wie kann man diese politischen Vorgänge überhaupt beobachten? Wie kommt man zu sinnvollen Schlussfolgerungen. (Man soll ja gelegentlich auch Wählen.) Zumindest soziologisch lassen sich drei Hinweise formulieren, die dieses Problem explizieren, also im Blick behalten lassen, wenn schon keine Lösung gefunden werden kann.

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Liberal thinking in systems theory?

What kind of ideology does systems theory follow? Is there an ideology to be identified in the realm of the systems theory or is the theory exempt from any kind of “ideology”?

These will be our leading questions which are to be answered in this article. As always we need a definition of liberalism to ensure a, more or less, equal access to the topic we want to deal with.

Definition problems

First of all, we are in need of a closer frame for answering our question. What is it we want to call liberalism? Obviously, liberalism can be of a political or non- political kind.  We need to settle the question what kind of liberalism we want to refer to.

In our opinion, to cut a long story short, the question, whether systems theory is following a political liberalism, or not, is not qualified to gain much attention. There does not seem to be any leads of a politically motivated liberal thinking in systems theory. So we are not going to follow this question up. At least any attempt to show this appears volitional and artificial – in sum, not reasonable in our view.

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Blablabla, Twitter, Facebook, bla, History, bla

Es macht ja viel Spaß, Soziologie zu betreiben und daraus Schlüsse für den Alltag zu ziehen. Man erkennt, dass Taxifahrer ebenso zutreffend über Politik reden können wie Anne-Will-Gäste, dass poetische Vierzeiler mehr über die Welt aussagen als Jahrtausende alte Religionstexte oder dass meine Oma mehr über Rückenschmerzhilfe weiß als mein Arzt. All dies ermöglicht die ständig präsente Unterscheidung von Gerede und Gemache. Keiner hat ein Vorrecht darauf (oder die Möglichkeit), die Wahrheit des Gemaches zu ergründen, nur weil er es sich zum Thema des Geredes erwählt hat. Alles funktioniert einfach, weil es funktioniert und ob man darüber redet oder nicht, entscheidet noch nicht, wie es funktioniert oder ob überhaupt.

Gerede bleibt Gerede und Gemache bleibt Gemache.

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EP-Wahl: Europafeindlichkeit, Demokratiedefizit – wie problematisch ist das? (Update)

Das deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehen hat es sich gestern wieder besonders einfach gemacht. Die 90-Min.-Wahlberichterstattung ab 18 Uhr verlief zusammengefasst so: CDU/CSU, besonders Seehofer, durfte frei in die Kameras sprechen und sich als, trotz Stimmenverlust, Sieger darstellen. Bei der LINKEn wurde es dann investigativ, Gysi durfte nur auf freche und kritische Fragen antworten, erhielt aber kein unkommentiertes Verlautbarungszeitfenster und ausländische Parteien, die als „europafeindlich“ gelten, durften gar nicht mehr selbst zu Wort kommen, sondern wurden nur noch mit Besorgnis und Stirnfalten kommentiert.

Wenn man das Europabild der Öffentlich-rechtlichen teilt, passt das natürlich alles ins Bild: Europa ist die politische Bühne der euro-lauteren Parteien, die das politische Gefüge ehren und sich in ihren Regionen durchsetzen. Europakritik ist nicht so gern gesehen und muss, da vorhanden, zumindest kritisch hinterfragt werden. Europagegner sind dagegen Sorgen bringende, unwürdige Entitäten, deren Hinterfragung unerheblich ist, da sie schlicht die Bösen sind.

Dies alles beruht dabei auf einem phänomenalen Informationsvorsprung der GEZ-Kanäle: Sie wissen, was Demokratie ist und sie wissen, wie man Europa demokratisieren kann, während Politikwissenschaftler noch grübeln und Soziologen desinteressiert oder unsicher abwinken.

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Die zwei Seiten der Europawahlmedaille

Europawahl – der langweilige Teil:

Morgen ist Europawahl, bzw. seit vorgestern bis morgen, und es könnte fast nichts unspannender sein, als die Frage, welcher der dämlichen Werbespots am besten funktioniert hat. Falls die deutsche Wahlbeteiligung morgen über 34,7% liegt, liegt es allenfalls daran, dass dieses WE nichts Weiteres anliegt, was um das bisschen Aufmerksamkeit buhlt. Aber wehe es regnet, dann ist selbst dieser kleine Langweiligkeitsvorteil hinüber.

Wieso soll man wählen gehen? In den öffentlichrechtlichen Massenmedien liefen die Tage Kinderreporter durchs Bild und erzählten, dass ganz, ganz viele Gesetze aus Brüssel kommen. Nur, Europawahl ist eben keine „Europawahl“, sondern EU-Parlamentswahl und das EU-Parlament hat zwar einiges mit der EU zu tun, aber relativ wenig mit Brüssel. Selbst ist es in Straßburg beheimatet, die Fraktionen treffen sich regelmäßig in Brüssel und das Generalsekretariat vergnügt sich in Luxemburg. Und diese regionale Ferne ist noch immer symptomatisch für die politische Rolle des Europäischen Parlamentes in Brüssel.

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Wer hat wozu und wieso überhaupt „Zeitungen“?

Zur Einstimmung bitte auch folgenden verlinkten Text lesen, um zu überprüfen, welcher von beiden sinnloser ist: http://www.zeit.de/zeit-wissen/2009/04/Kiosk-Schluss-Mit

Es ist eine allgemeine Qual, Therapeuten sind entsetzt und eigentlich wissen wir es alle. Man erahnt es instinktiv und dennoch begegnet man demselben Frevel überall. Ca. 20 Mio. Menschen, vorrangig Männer, verbringen ihr Leben in Familien, verheimlichen jedoch, dass sie in Wahrheit allenfalls, sofern überhaupt, physisch anwesend sind. Geistig schwirren sie durch die Welt, verbringen Zeit in Gedanken und verstecken sich hinter quadratmetergroßen Papierzetteln, die sie moralisch aufgeladen als „Lektüre“ oder „Zeitung“ ohne weitere Erklärung höher als ihre Familien und Freunde bewerten.

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Comments on systems theory: The distinction of operation and observation

Facing the void

Our concern in this article will be the distinction between operation and observation as systems theory according to Luhmann proposes it. We want to ask in which way the distinction is used and which consequences arise from this particular use of a specific distinction. Furthermore, the question is why Luhmann ascribes such importance to this particular distinction. What is its value?

The answer to this question – as we will see – lies in the realm of constructivism. We do not want to ask for any general importance of this distinction, for this would extend the form of a blog- article. Another constraint is the focus on social systems. We, again, need this shortening to abbreviate the reasoning to an acceptable extent.

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Politik/Recht und das Technologieverstehdefizit

Irgendwann die Tage wurde ein „internationales Spionagenetzwerk“ im Internet gefunden, dass anscheinend vor allem die hohe Politik im Visier hatte. Tausende von Computern und hunderte von Amtsträgern sind betroffen. Die 20-Uhr-Tagesschau ergänzte die Berichterstattung mit dem zitierten Hinweis:

„Das Internet sei zu undurchsichtig um Schuldzuweisungen machen zu können.“

Allerdings ist es nicht nur das Internet, dass durch Undurchsichtigkeit politische Entscheidungen und rechtliche Konsequenzen erschwert, es ist die ganze moderne Technologie. Hier nur ein paar Themen, die zu dieser Misere beitragen: Weiterlesen →