Irgendwie haben ja alle recht. Sowohl Werner D’Inka, der meint, dass es im Internet nur „das Geschwätz“ gibt. Wie auch Richard Gutjahr, der sich fragt, warum sich Zeitungsmacher wie Supermarktbesitzer verhalten, die zum einen keine Kasse in Betrieb haben und zum anderen ihre gesamte Wahre eh einfach zum Mitnehmen auf die Straße stellen.
Die Sauberkeit des Generals
In der FAZ beklagt Sarah Khan, die Inszenierung des ARD Filmes „Rommel“ sei buchstäblich zu sauber geraten. Nicht nur, dass die Autorin offensichtlich befürchtet, von der Sauberkeit der Generalsbekleidung im Film dränge sich der Analogieschluss der Sauberkeit der Nazis auf, der Artikel geht sogar noch weiter und unterstellt, der „historisch-realistische Look rehabilitiert[e] eine faschistische Ästhetik“.
Ohne Gehirn ist alles nichts
Johannes Ponader twitterte vorhin darüber, dass nun 200 Demonstranten am Brandenburger Tor seien, um die dortigen Hilfe- und Asylsuchenden zu unterstützen. Die eigentliche Information steckt natürlich in der Nachricht selbst: Johannes Ponader ist im #refugeecamp!
Dr. plag. (plagium)
Roland Preuß schlägt in der heutigen Ausgabe der SZ auf der Meinungsseite vor, Plagiate verjähren zu lassen und bezieht sich dabei direkt auf die Diskussionen rund um die Doktorarbeit von Anette Schavan. Dieser (inhaltlich wie praktisch abstruse) Vorschlag ist für mich besonders interessant, weil er einen zentralen Aspekt der Diskussionen widerspiegelt. Es geht dabei um eine differenzierungstheoretische Perspektive. So lässt sich das Ringen um Wahrheit und politische Hoheit als ein Wechselspiel von Eingriffs- und Schließungsversuchen von Wissenschaft und Politik verstehen. Im Kern lautet die Forderung von Roland Preuß, die erfolgreiche Plagiatsprüfung von dem Entzug des Titels zu trennen: Weiterlesen →
Ach so, Apple
Revolutionen werden aus Cupertino in Serie geliefert, daran wurde die Welt gewöhnt. Alle halbe Jahre ist „wieder einmal“ alles anders, alles neu: „dünner, schneller, schöner“ als jemals zuvor. Seit fast zehn Jahren ist sich Apple dieser Linie treu. Auf Bühnen werden Dinge vorgestellt, die die Welt angeblich noch nie gesehen habe.
Sportliche Unendlichkeit
Der Sport verändert sich. Jüngst zog sich der Österreicher Felix Baumgartner einen Raumanzug an, stieg in eine kleine Kapsel und ließ sich von einem absurd großen Ballon auf 40 Kilometer Höhe ziehen. Von dort sprang er zurück auf die Erde. Die körperliche Herausforderung für Baumgartner bestand witziger Weise darin, sich so wenig wie möglich zu bewegen. Springen, und dann still halten. Baumgartner gilt als Extremsportler, er selbst sah den Sprung aus der Stratosphäre als eine Herausforderung, wie er sich vielen stellte. Hat Baumgartner mit seiner Aktion nun die Grenze des Sports überschritten, oder noch weiter verschoben?
Die Moral der Transparenz und die Legitimität des Faktischen
Anshu Jain, der Co-Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, erläutert die Höhe seines Gehalts einem Journalisten der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung am vergangenen Sonntag gegenüber wie folgt: „Jeder Mensch hat Talente […]“. Sie haben Talente, ich habe Talente. Für meine ist der Preis hoch, für ihre niedriger. Schlecht für Sie, gut für mich.“ Fasst man, klassisch soziologisch, Legitimität als Faktizität auf, so ist dem nichts hinzuzufügen. Dass einer solchen Aussage allerdings eine bis ins Extrem getriebene Marktlogik Pate steht, sollte dabei nicht übersehen werden. Auch nicht, dass die Aussage fast schon der Logik eines Liberalismus frühenglischer Spielart folgt, die Verdienst und persönliche Kompetenz so eng aneinanderkoppelt, dass der Umkehrschluss, dass jemand, der weniger verdient, entsprechend für das Nicht-Verfügen über bestimmte Fähigkeiten abgestraft wird, im engeren Sinne also weniger „wert“ ist, auf der Hand liegt. Anders formuliert, tendiert das Argument dazu von den Talenten einer Person auf eben diese überzuspringen und begibt sich damit gefährlich nah in das Kielwasser eines Menschenbildes, das den „Wert“ eines Menschen an den Marktpreis koppelt, der für seine „Talente“ gezahlt wird.
Im Zweifel still
Jakob Augstein schreibt im Spiegel über Bettina Wulff. Und ganz offensichtlich mag Herr Augstein Frau Wulff nicht allzu sehr, oder aber – um es weniger persönlich zu sagen – die Gattin des deutschen Ex-Präsidenten scheint nicht sehr geschätzt zu werden.
Das interessante an dem Artikel ist nun aber nicht das Thema und noch nicht einmal, das man dem Autor nicht zustimmen will im Hinblick auf die medial omnipräsente Ex-Bundespräsidentengattin. Vielmehr ist es die Art der Argumentation, die überrascht.
Wie die Börse funktioniert
In einem bemerkenswerten kleinen Text zum Thema Hochfrequenzhandel äußerte sich heute Reto Francioni, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Börse AG, auf den Wirtschaftsseiten der F.A.Z. zu Wunsch und Wirklichkeit seines Handelsplatzes, den er inzwischen, folgerichtig, „Handelsplattform“ nennt. Wie ist das also mit dem HFT?
Und die Moral von der Geschicht’?
Eine bessere Moral als die der anderen (Modelle) gibt es nicht
Über 40.000 Angestellte haben in den letzten Monaten an den Finanzplätzen in London und New York ihren Stuhl räumen müssen. Dass die meisten von ihnen nicht unbedingt wieder zurück möchten, ist bei dem arbeits(un)rechtlichen Ausmaß an Selbst- und Fremdausbeutung kaum verwunderlich. Und was dann?
Nach dem Exit aus der verhassten Branche und der beruflichen Stagnation folgt nicht selten auch die Depression in den Köpfen. Als Therapieform liegt neben der Verschwörungsschrift derzeit die Autobiografie im Trend. Sie ist nicht allein in der Literaturwissenschaft als Zwecks- und Gebrauchsform anerkannt, denn sie verhilft den Gegangenen nicht nur zur (un-)endlichen Selbstreflexion und Selbstthematisierung, sondern hält den Autor zunächst einmal im Alltag beschäftigt.
Moderne Kunst als soziale Täuschung von Normalitätserwartungen
Kunstkommunikation und Kommunikation über Kunst in Museen
Es gibt Kunst und es gibt ausgestellte Kunst. Es gibt die Herstellung (Produktion) oder die Darstellung (Rezeption) von Kunst, könnte man soziologisch naiv sagen. Denn die Unterscheidung von Herstellung und Darstellung ist eine analytische Trennung, keine räumliche, zeitliche oder soziale.[1] Ansonsten unterläge man dem epistemologischen Trugschluss, dass Künstler nur im Atelier ihre Kunst herstellten, und diese dann erst von anderen andererorts dargestellt würde. Herstellung und Darstellung laufen jedoch ungleichzeitig und ungleichmäßig parallel, sobald sie auf einen Beobachter treffen – sei es im Atelier oder in einer Ausstellung. Das gilt für den Beobachter, der durch ausgestellte Kunst kommuniziert und das gilt für den Beobachter, der über ausgestellte Kunst kommuniziert – also auch für die Autorin dieses Beitrages. Weiterlesen →
Wer arbeitet wirklich seine Readitlater-Stapel ab?
Das kann man so sehen. Ich habe es die vergangenen Jahre auch so gesehen, doch im Urlaub hab ich eine andere Beobachtung gemacht. Ich hatte nämlich nur zweimal am Tag Internet. Am Anfang, wenn wir das Hotel verlassen haben und an dem Haus vorbei radelten, das freies Wlan hatte und manchmal am Abend, wenn wir dort wieder vorbei kamen.