Sehen und gesehen werden

Richard Dreyfuss liest die iTunes EULA

Wenn man beim Friseur sitzt, und das dortige Personal fragt, wie man sein Haar den pflege und man mit: „hm, was meinen Sie denn?“ oder „hm, gar nicht“ antwortet, erntet man Blicke des Unverständnis. Friseuren ist, so meine Beobachtung, recht häufig der Vorwurf zu machen, dass sie sich mit ihren Kunden verwechseln und jedem Menschen unterstellen, sich 8h am Tag nur um Haare zu kümmern. Ähnlich ist es beim Zahnarzt. Mir wird regelmässig empfohlen, auf Säfte gänzlich zu verzichten – als ob es mir in jeder Lebenslage nur um die Säurebelästigung meiner Zähne ginge. Bei Friseuren lächelt man noch darüber, Ärzte nimmt man schon ernster. Aber im Grund es ist falsch, dem (eigenen) Leben auch nur irgendeinen obersten Wert, eine Zielsetzung oder gar einen (und keinen anderen) Sinn zuzuteilen.

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Nach dem Paukenschlag

Eigentlich habe ich keine Ahnung von Comics. Eigentlich bin ich richtig genervt, wenn in Gesprächen andauernd Simpsons-Zitate verwendet werden, die nichtssagend sind und auch mit Vorabend-TV-Wissen nichts sagen. (Und alle Comic-Freunde, die mir jetzt erzählen wollen, dass die Simpsons nicht zum Comic zu zählen sind… – so Comicunbedarft bin ich eben.)

Thomas Strobl hat aber heute morgen auf einen ganz besonderen Superhelden hingewiesen. Einen gefallenen Punisher. Alt, abgehalftert und zum Teil mit Alltäglichem befaßt. Ich habe oben das Bild eingefügt, dass ich am eindrucksvollsten finde. Der alte Held, noch fähig Superheld zu sein, doch das, worauf es eigentlich ankommt, einen guten Eindruck zu hinterlassen und Zuversicht zu versprühen, das schafft er nicht mehr.

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Globalisieren und Zentralisieren

Kopfloses Rennen

Es ist lange her, dass in der Politik über Europa gestritten wurde. Man hatte sich daran gewöhnt, dass insbesondere der Bundestag alle Schritte der Weiterentwicklung Europas geschlossen geht. Selbst als das Bundesverfassungsgericht mahnte, die Parlamentarier sollen sich durch EU-Verträge nicht selbst entmachten, wurde der Vertrag von Lissabon, mit dem das zu befürchten stand, zuvor mit nur 58 Gegenstimmen im Bundestag beschlossen. Diese Einigkeit ging verloren, als Europa vor eineinhalb Jahren mit dem ersten Rettungspaket für Griechenland seinen Alltag verlor. Seit dem wird täglich neu gerettet. Und offensichtlich fehlt die Zeit, dies in Ruhe zu tun. Die Alternativen werden öffentlich diskutiert.

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Warren Buffet sagt:

Since 1992, the I.R.S. has compiled data from the returns of the 400 Americans reporting the largest income. In 1992, the top 400 had aggregate taxable income of $16.9 billion and paid federal taxes of 29.2 percent on that sum. In 2008, the aggregate income of the highest 400 had soared to $90.9 billion — a staggering $227.4 million on average — but the rate paid had fallen to 21.5 percent.

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Elastizität und Kognition

Warum die Suche nach Gründen für das Attentat in Norwegen gesellschaftlich nicht weiterhilft.

 

Immer noch ist das Attentat in Norwegen eines der großen, massenmedialen Gesprächsthemen. Viele Artikel drehen sich um die Fragen, die gestellt werden müssen und nicht gestellt worden sind, oder aber man fragt konkreter, was man der Rationalität des Tötens wie wir es in Norwegen beobachten konnten, entgegensetzen kann. Fast durchgehend kann man in diesen Artikeln aber eine grundsätzliche Paradoxie beobachten, die sich aus zwei Antagonismen speist: zunächst kann man sich eine Tat, wie sie in Norwegen verübt wurde, nicht erklären, ohne zu vermuten, Andreas Breivik sei geistesgestört, oder aber leide zumindest an einer starken Form der Realitätsverzerrung. Automatisch aber evoziert diese Feststellung die Frage, ob ein Geistesgestörter überhaupt in der Lage ist, ein Attentat diesen Ausmaßes so präzise zu orchestrieren wie es geschehen ist. Die Feststellung der Geisteskrankheit scheint eine Tat wie wir sie beobachten mussten, automatisch auszuschalten. Und es scheint diese paradoxale Anlage des Attentats zu sein – seine strikte Verweigerung sich Kategorien wie bspw. Geisteskrankheit konsistent subsumieren zu lassen -, die den wildwuchernden Erklärungen, die man immer noch täglich lesen kann, Tür und Tor öffnet. Da es offensichtlich keine zufriedenstellende Antwort gibt, kann jeder fröhlich drauf los raten, was wohl der Grund für das Attentat sei. Und man kann hier wohl einigermaßen sicher davon ausgehen, dass das Attentat instrumentalisiert wird. Innenpolitische Hardliner verlangen eine Verschärfung von Überwachungen im Internet, eine Einschränkung des Waffengesetzes, den Verbot von Ego Shootern, etc. Experten können wiederum Geld verdienen, in dem sie in Gastbeiträgen oder Fernsehauftritten das, was sowieso jeder weiß, schreiben – aber mit dem Etikett „Experte“ verziert.

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Situationsdefinitionen auf Finanzmärkten

Produktive und destruktive Momente selbstverunsichernder Handelserwartungen

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Wer nicht selbst als Händler an den Börsen dieser Welt angestellt ist oder eigene Finanztitel im Depot hält, der hätte von der rasanten Talfahrt auf den Märkten der letzten Woche wenig mitbekommen. Wären da nicht die Onlineblätter der großen Zeitungen mit neuen Live-Berichten und (V-)Erklärungen so rasant eingegangen wie gleichzeitig die Orders auf dem Finanzparkett. Dort war von Chaos, Crash und Craziness zu lesen.

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Notwendige Proteste, notwendige Arrangements

Start einer kleinen Reihe: Sonntagssoziologie. Sachen die in der Zeitungsarbeit übrig bleiben, oder diese vorbereiten & der anfallende Rest.

Der Versuch von Sascha Lobo, das Internet als generatives Element in die Diskussion über die Ursachen des Verbrechens in Oslo zu thematisieren ist interessant. Der grundsätzliche Versuch ist richtig, weil er nicht abwegig und in der Form trotzdem mutig ist. Noch interessanter ist allerdings die Nachbesprechung, denn sie greift die Problematik auf, dass es derzeit keine tragfähige Internetverteidigungsargumentation gibt. Und es wird erst recht keine geben, wenn zukünftige andere Menschen ihre Copy/Paste-Pamphlete ins Internet stellen und zeigen, was das Internet für Potentiale in sich birgt, gerade wenn man Souverän seiner Filter ist.

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